Entscheidungen finden

Schlagzeile „Wir sind im Krieg“ ist zulässig

Eine nachvollziehbare Bewertung der Terroranschläge von Brüssel

Eine Boulevardzeitung berichtet über die Terroranschläge von Brüssel unter der Überschrift „Wir sind im Krieg“. Zum Beitrag gestellt sind mehrere Fotos. Sie zeigen das beschädigte Flughafengebäude, einen zerstörten U-Bahn-Zug und mehrere Opfer der Anschläge. Auf der Titelseite ist eine auf dem Rücken liegende verletzte Person zu sehen. Im Innern des Blattes druckt die Zeitung die Fotos einer Stewardess, eines namentlich genannten Basketball-Profis und einer weiteren blutüberströmten Frau, die sich ein Taschentuch vor das Gesicht hält. Die Gesichter der Betroffenen sind erkennbar. Ein weiteres Foto zeigt eine namentlich genannte Frau, die bei dem Anschlag am Check-In getötet wurde. Sie hält ihr Kind im Arm, dessen Gesicht verpixelt wurde. Auf einem weiteren Foto sind drei bei dem Anschlag auf die U-Bahn-Station Verletzte zu sehen. Eine Leserin sieht durch die Berichterstattung presseethische Grundsätze verletzt. Die Überschrift gebe bewusst falsche Tatsachen wieder, denn der Begriff „Krieg“ sei völkerrechtlich klar definiert. Mit dieser falschen Aussage befeuere die Zeitung bewusst radikalisierend fremdenfeindliche Tendenzen in der Bevölkerung. Dies sei pressethisch nicht vertretbar. Möglicherweise liege sogar der Tatbestand der Volksverhetzung vor. Nach Ansicht der Rechtsabteilung der Zeitung ist die Bezeichnung der Terror-Anschläge von Brüssel als „Krieg“ nicht als unwahre und erst recht nicht als bewusst unwahre Tatsache einzustufen. Es möge dahingestellt sein, ob der völkerrechtliche Kriegsbegriff, gemessen an der umgangssprachlichen Verwendung des Wortes, eng auszulegen sei oder nicht. Jedenfalls widerspreche es der redaktionellen Freiheit, den Umgang mit der deutschen Sprache in einer Weise einzugrenzen, dass eine freiere, jedoch nach wie vor kontextbezogene Verwendung des Wortes „Krieg“ gegen den Pressekodex verstoße. Die Rechtsvertretung schließt ihre Stellungnahme mit dem Hinweis, dass sowohl US-Präsident Obama („War on terror“) und Frankreichs Präsident Hollande im Zusammenhang mit dem Terror von „Krieg“ gesprochen hätten.