Herkunftshinweis sorgt für erforderliche Klarheit
18-jähriger Somalier muss sich wegen eines Mordes verantworten
Ein Beitrag mit der Überschrift „Mordprozess: Somalier gibt Tötung von Seniorin zu“ erscheint online in einer Lokalzeitung. Es geht um einen Prozess vor der Jugendkammer eines Landgerichts. Einem 18-Jährigen wird vorgeworfen, 2016 an mehreren Bewohnern sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben. Bei der letzten Tat sei er von einer Bewohnerin des Hauses überrascht worden. Diese habe er getötet. Der Angeklagte hat die Tat zugegeben. Der Artikel ist mit einem Foto des Angeklagten und seines Verteidigers bebildert. Das Gesicht des Angeklagten ist verpixelt. Die Bildunterschrift lautet: „Im Prozess um den Mord in (…) muss sich ein 18-Jähriger vor der Jugendkammer des Landgerichts verantworten. Vertreten wird er von Rechtsanwalt Paul Vogel.“ Ein Leser der Zeitung sieht durch die Berichterstattung die Ziffer 12, Richtlinie 12.1 (Diskriminierungen bzw. Berichterstattung über Straftaten) verletzt. Der Presserat erweitert das Verfahren auf die Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit) des Pressekodex. Der Chefredakteur der Zeitung spricht von einem Verbrechen, das in der 10.000-Einwohner-Stadt die Menschen unmittelbar berührt habe. Die Nachricht habe sich auch ohne Zutun der Zeitung verbreitet. Die Zeitung habe rasch, seriös und nachrichtlich abgesichert über den Fall informiert und für Klarheit gesorgt. Dazu gehöre aus Sicht der Redaktion auch eine präzise Benennung des Tatverdächtigen. Von einer „diskriminierenden Verallgemeinerung eines individuellen Fehlverhaltens“ könne aufgrund der Berichterstattung keine Rede sein, so der Chefredakteur. Es sei nicht anzunehmen, dass auch nur einer der Leser nun alle Somalier für Mörder in Altenheimen halte.