Wer sprach von einem Krieg mit der Türkei?
Zeitung kann eine getwitterte Behauptung nicht belegen
Eine Großstadtzeitung twittert: „Stehen wir vor einem Krieg mit Deutschland? – Diese Frage stellen sich Türken in der Türkei und in Deutschland.“ Die Zeitung verlinkt den Tweet mit dem Artikel „Deutschtürken in Berlin: Die türkische Gesellschaft in Berlin ist gespalten“ aus der Online-Ausgabe der Zeitung vom gleichen Tag. Darin kommen mehrere Deutsch-Türken mit ihrer Ansicht zu Wort. Im Artikel steht auch das getwitterte Zitat. Türken in der Türkei und in Deutschland seien beunruhigt. Sie reagierten besorgt auf die scharfen Töne ihres Präsidenten im Streit mit Deutschland. Und das, obwohl sie von ihm einiges gewohnt seien. Ein Leser der Zeitung hält das getwitterte Zitat nicht für belegt. Es werde nicht deutlich, wer von einem Krieg spreche. Der Beschwerdeführer hält die Berichterstattung für aufwiegelnd. Die Rechtsabteilung der Zeitung sieht in der Berichterstattung keinen presseethischen Verstoß. Der einem Tweet zugrundliegende Zweck sei es, mit bis zu 140 Zeichen ein breites Publikum zu erreichen. Daher würden Tweets prägnant gestaltet. Sie ließen es aufgrund der begrenzten Zeichenvorgabe nicht zu, den Hintergrund des Tweets genauer zu erläutern. Deshalb werde oftmals der Tweet verlinkt, um den Lesern weitere inhaltliche Informationen bereitzustellen. Der Tweet sei somit im Kontext des verlinkten Artikels zu sehen. Zudem meine der Begriff „Krieg mit Deutschland“ nicht eine direkte militärische Auseinandersetzung, sondern müsse vielmehr im übertragenen Sinne als Zuspitzung eines starken Konflikts verstanden werden. Der den Tweet vertiefende Artikel mache die wachsende Radikalisierung in der politischen Auseinandersetzung zwischen der Türkei und Deutschland deutlich.