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Michael Jackson im Sperrfeuer der Vorwürfe

Zeitung setzt sich mit der Dokumentation über den Pop-Star auseinander

Der neue Film „Leaving Neverland“ ist Thema in einer Regionalzeitung. Der Beitrag hat die Überschrift „Eine 236 Minuten lange Anklage – wie Michael Jackson jahrelang zwei Jungen missbraucht hat - eine neue Doku“. Im Film berichten zwei mittlerweile erwachsene Männer über den angeblichen Missbrauch durch den verstorbenen US-Entertainer. Eine Leserin der Zeitung kritisiert diese wegen einer Verletzung presseethischer Grundsätze. Die Beschwerdeführerin kritisiert, dass der Autor bereits in der Überschrift mit den Worten „Anklage“ und „…missbraucht hat…“ Tatsachenbehauptungen aufstelle, die aus ihrer Sicht keine seien. Sie kritisiert auch Formulierungen wie etwa diese: „Wie sie im Kindesalter zu Jacksons Sexspielzeugen wurden“, „Zwölf Jahre zuvor hatte der Superstar ähnliche Vorwürfe mit Zahlungen in Höhe von 22 Millionen Dollar aus der juristischen Welt schaffen lassen“, „damals tauchten sensible Akten der Bundespolizei FBI auf“, und „den Männern … wurde auch zum Verhängnis, dass sie sich 2005 in einem Prozess auf die Seite des Pop-Titanen geschlagen hatten“. Der Autor stelle Behauptungen auf, ohne sie zu belegen. Die Beschwerdeführerin kritisiert auch die Benutzung des Wortes „Doku“, da der Film nicht die entsprechenden Kriterien erfülle. Der Presserat beschränkt das Beschwerdeverfahren auf Ziffer 2 des Kodex und den Vorwurf, dass der Missbrauch als Fakt dargestellt werde. Für die Zeitung nimmt deren Rechtsabteilung Stellung. Aus deren Sicht liegt kein Verstoß gegen das in Ziffer 2 des Pressekodex definierte Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht vor. Der Autor habe im Zuge der Recherche und der Textgestaltung die gebotene Sorgfalt in vollem Umfang beachtet. Darüber hinaus habe er die Missbrauchsvorwürfe erkennbar als unbestätigt präsentiert. Der Artikel stelle bereits in der Unterzeile zur Überschrift einen inhaltlichen Bezug zur beschriebenen Dokumentation her. Aus dem Text werde sofort ersichtlich, woher die beschriebenen Umstände stammten. Der in diesem Zusammenhang verwendete Begriff der „Anklage“ werde ersichtlich in seiner metaphorischen Bedeutung benutzt und nicht mit seiner streng juristischen. Er gebe den Eindruck des Verfassers von der Dokumentation wieder. Überdies werde die bisherige Rolle der beiden in der Dokumentation präsentierten Männer kritisch beleuchtet. Es werde auch mitgeteilt, dass sich die beiden in Gerichtsprozessen widersprüchlich gegenüber Jackson verhalten hätten. Der Leser werde in die Lage versetzt, sich sein eigenes Bild über deren Schilderung in der Dokumentation zu machen.