Satire ist per se eine Provokation
Karikatur mit Ziegen: „Ali der Grapscher ist zurück aus Deutschland“
Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht eine Karikatur unter der Überschrift „Der erste abgeschobene Flüchtling kehrt in die Heimat zurück“. Die Karikatur zeigt einen Mann mit Reisegepäck und zwei Ziegen. Über den Ziegen steht eine Sprechblase, in der es heißt: „Oh weh, Ali der Grapscher ist zurück aus Deutschland. Ich dachte, wir hätten für immer unsere Ruhe vor ihm.“ Vier Leser des Magazins beschweren sich über die Karikatur. Sie halten sie für diskriminierend im Sinne der Ziffer 12 des Pressekodex. Indem der abgeschobene Flüchtling als Ali der Grapscher bezeichnet werde, bediene die Redaktion ein rassistisches, überzogenes Klischee. Der abgeschobene Flüchtling werde pauschal als Sexualstraftäter abgestempelt. Die Karikatur spiele auch auf rassistische Sodomie-Klischees an. Es werde suggeriert, muslimische Männer würden sich zur Befriedigung sexueller Triebe an Tieren vergreifen. Das sei extrem beleidigend und entwürdigend. Das Land sei anhand der Moschee im Hintergrund als islamisch zu erkennen. Der Kommentar der Ziege lege die rassistische Bezeichnung „Ziegenficker“ für Muslime nahe. Der Abdruck der Karikatur diskriminiere eine ganze Religionsgruppe. Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins schreibt, Satire lebe von der bewussten Übertreibung, Zuspitzung und Verzerrung. Satire sei per se eine Provokation und strukturell unfair, weil sie gezielt Schwachpunkte herausgreife und ihre „Opfer“ der Lächerlichkeit preisgebe. Dass Satire von einem Teil der Leser als Grenzüberschreitung angesehen werde, sei geradezu ein Wesensmerkmal. Der Chefredakteur stellt fest, je länger man sich mit der Zeichnung beschäftige, desto klarer trete zutage, dass diese satirische Meinungsäußerung weder ethnisch noch religiös diskriminiere oder gar die persönliche Ehre verletze. Sie bewege sich innerhalb des großzügigen Rahmens, der durch die presseethischen Anforderungen für legitime Meinungsäußerungen gezogen werde.