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Hanauer Opfer erkennbar dargestellt

Das Agenturprivileg kann in diesem Fall nicht geltend gemacht werden

Eine Großstadtzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe unter der Überschrift „Gewalt-Orgie in Shisha-Bar: Attentat in Hanau – elf Menschen sterben“ über den Anschlag von Hanau. Die Redaktion zeigt Bilder vom Tatort. Ein Leser der Zeitung kritisiert vor allem ein Foto, auf dem ein offenbar erschossenes Opfer hinter dem Steuer eines Autos sitzt. Man kann dessen blutverschmiertes Gesicht erkennen. Die Rechtsvertretung der Zeitung spricht von einem enormen öffentlichen Interesse an einer umfassenden Berichterstattung. Diese umfasse auch den Bildbereich. Das Bild, an dem sich der Beschwerdeführer störe, und die dazugehörende Berichterstattung habe die Zeitung von einer Agentur bezogen, bei der es sich um eine sogenannte privilegierte Quelle handele, so dass sich die Redaktion auf die Berichterstattung verlassen konnte. Die Redaktion habe das Foto schon vor dem Eingang der Beschwerde entfernt. Das Opfer – so die Rechtsvertretung weiter – sei entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht erkennbar. Ein Verstoß gegen Ziffer 8 (Persönlichkeitsschutz) des Pressekodex sei also nicht gegeben. In jedem Fall bestehe an der Bildberichterstattung ein erhebliches öffentliches Interesse (Richtlinie 8.1). Die Hanauer Opfer seien zu keinem Zeitpunkt zum Objekt der Berichterstattung gemacht oder in irgendeiner Form herabgewürdigt worden. Die Zeitung habe ausgewogen berichtet, ohne dass einzelne Opfer erkennbar gemacht worden seien.