Nutzer schauen Menschen beim Sterben zu
Video aus Ecuador: Vater und Sohn werden Opfer bei einem Überfall
„Taschendiebstahl endet in tödlichen Schüssen“ – so überschreibt die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins ihren Bericht über ein Verbrechen in Ecuador. Der Fall: Ein Mann und sein Sohn werden bei einem Überfall in einem Bus getötet, als sie sich dagegen wehren, ihre Brieftasche herauszugeben. Die mutmaßlichen Täter seien – so die Redaktion – inzwischen verhaftet. Der Beitrag enthält ein Video, das den Überfall detailliert zeigt. Zwei Nutzer des Online-Portals kritisieren dies. Im Beitrag werde darauf hingewiesen, die Filmsequenz diene der Ergreifung der Täter. Das Video zeige jedoch die sterbenden Personen. Der Nutzer erhalte weder Informationen über den Zeitpunkt der Tat noch über die Täter. Auch mit Blick auf den Jugendschutz sei die dargestellte Gewalt bedenklich. Zudem werde der Persönlichkeitsschutz der Opfer verletzt. Sie hätten ein Recht auf einen würdevollen und vor allem nichtöffentlichen Tod. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit müsse hinter dem Opferschutz zurückstehen. Obwohl keine Namen genannt würden, seien die Opfer zu erkennen. Der stellvertretende Chefredakteur des Nachrichtenmagazins verweist darauf, dass das Video zu Fahndungszwecken öffentlich gemacht worden sei. Eine Identifizierung der Opfer aus Ecuador auf dem Umweg über eine deutsche Internetseite sei unwahrscheinlich. Vor der Veröffentlichung des Videos habe sich eine schwierige Abwägungsfrage gestellt. Die Redaktion stehe dazu, dass sie sich schließlich für die Veröffentlichung entschieden habe. Maßgeblich sei gewesen, dass die eigentliche Gewalttat in den Aufnahmen wegen der schlechten Bildqualität nur schemenhaft erkennbar sei. Die rein textliche Beschreibung der kaltblütigen Tat unter den Augen vieler Menschen sei nicht annähernd so eindringlich wie das Video. Journalistisch halte die Redaktion deshalb diese Form der Realitätsvermittlung für gerechtfertigt. Unabhängig davon habe sie schon mehrere Wochen vor Eingang der Beschwerde entschieden, das Video nicht mehr zu zeigen. Anlass sei damals eine Leserkritik unter dem Blickwinkel des Jugendschutzes gewesen. (2014)