Gebotene Zurückhaltung blieb unbeachtet
Zeitung nennt Details vom tragischen Ende einer jungen Frau
„Hätte diese Tragödie vermieden werden können?“ – so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung ihren Bericht über den Suizid einer Nachwuchs-Biathletin. Über ein mögliches Motiv heißt es in dem Beitrag: „Menschen aus dem Umfeld von (…) berichten, die Eltern hätten hohe Erwartungen an ihre Tochter gehabt. Vater Bernd, ein gebürtiger Winterberger, war einst selbst als Nordischer Kombinierer aktiv, allerdings wenig erfolgreich. Mutter Sibylle kommt aus dem sächsischen Kreischa und versuchte zu DDR-Zeiten als Turnerin ihr Glück.“ Über die Umstände des Suizids schreibt die Zeitung: „Unmittelbar vor ihrer Verzweiflungstat soll (…) ihre Eltern noch einmal angerufen haben. (…) Seit längerem lebte sie in einer Beziehung mit dem zwei Jahre älteren Rodler (…). Zuletzt soll er sich von ihr getrennt haben.“ Der Thüringer habe als große Nachwuchshoffnung gegolten. Er habe seine Ex-Freundin offenbar noch nach Hause gefahren, ehe sich diese das Leben genommen habe. Zum Suizid selbst schreibt die Zeitung, dass die Biathletin sich im Haus ihrer Eltern mit einem Biathlon-Kleinkalibergewehr erschossen habe. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass sowohl die Suizidmethode als auch Zeitpunkt und Ort der Tat genannt würden. Zudem würden nähere Begleitumstände erwähnt, so auch das Fehlen eines Abschiedsbriefes. Die Zeitung spekuliere über die Motivation für den Suizid und dessen Ursachen. Insgesamt sei der Beitrag nicht mit der nach Ziffer 8, Richtlinie 8.7, gebotenen Zurückhaltung vereinbar. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung beruft sich auf offizielle Polizeiangaben. Die Zeitung habe nicht nur über den tragischen Tod der Biathletin berichtet, sondern ganz grundsätzlich auch eine gesellschaftliche Diskussion anstoßen wollen, nämlich die über den richtigen Umgang mit Waffen in Privathaushalten. Damit sei ein übergeordnetes, öffentliches Interesse eindeutig gegeben. Die Zeitung habe somit nicht gegen presseethische Grundsätze verstoßen.