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„Trendaufnahme“ durch Schleichwerbung

Veröffentlichungen lesen sich wie die Kataloge von diversen Herstellern

Eine Regionalzeitung veröffentlicht innerhalb von drei Wochen drei Beiträge unter diesen Überschriften: “Ein Ort für persönliche Gedanken“, „Natürliches Öl für schöne Haare“ und „Ein Duft von Mystik“. Im ersten Beitrag wird ein Notizbuch mit Preisangabe und Abbildung vorgestellt. Der zweite beschäftigt sich mit einem Haarpflegemittel, dessen Preis ebenfalls genannt wird. Auch dieses Produkt wird im Bild gezeigt. In der dritten Veröffentlichung stellt der Autor aus persönlicher Sicht ein Raumparfüm vor; die Zeitung nennt auch hier den Preis und zeigt ein Produktfoto. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung - sieht in den Veröffentlichungen jeweils einen Fall von Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, zwei der kritisierten Beiträge seien auf der Seite „Balance“ erschienen. Auf dieser werde der derzeitige Trend „zum Rückbezug auf das Persönliche und zur Selbstoptimierung“ aufgenommen. Die Redaktion wolle dem Leser in diesem redaktionellen Umfeld eine Art Anleitung und Orientierung geben, wie er achtsam mit sich umgehen und sein Leben bestmöglich gestalten könne. In diesem Zusammenhang weise man auch auf Produkte hin, die dabei nützlich sein könnten. Das verstehe die Zeitung als Service. Der Beitrag über die Notizbücher – so der Chefredakteur weiter – schildere in sachlichem Ton mehrere Tatsachen, die aus seiner Sicht die Produkte der genannten Firma in Relation zu anderen Papierprodukten hervorheben. Es handele sich um hochwertige Gegenstände, die in Rindsleder gebunden seien und deshalb den Lesern einen besonderen Raum gäben, ihre Gedanken und Gefühle festzuhalten. Bei einer anderen Veröffentlichung räumt der Chefredakteur ein, dass sie am Ende eine gewisse werbende Wirkung habe. Den entsprechenden Satz hätte er nicht so stehen lassen, so er ihn denn gesehen hätte. Beim dritten Beitrag verweist er auf dessen Erscheinungsplatz in der Zeitung, der Seite „Warenwelt“. Diese erscheine einmal in der Woche und solle dem Leser Orientierung über Produkte und Dienstleistungen geben. Dabei gehe es nicht um den Tipp „Das bitte kaufen“, sondern eher um den Hinweis „Das bitte nicht kaufen“ In diesem Fall – es geht um das Raumparfüm - habe der Autor das Produkt sachlich beschrieben und seinen Duft als „zu schwer und zu süß“ beschrieben. Dieser Alltagstest sei von öffentlichem Interesse gedeckt. Er enthalte auch keine werblichen Elemente.