Aus Versehen auf „Veröffentlichung“ geklickt
Zeitung zeigt online kurz einen Mann bei einem Suizid-Versuch
Eine Lokalzeitung berichtet online über einen Suizidversuch. Ein Mann sei auf einen Baum gestiegen, um sich umzubringen. Der Baum stehe auf dem Gelände einer Klinik, deren Patient der Mann wohl sei. Er sei unverletzt von seinem Vorhaben abgebracht worden. Zum Beitrag gestellt ist ein Foto. Es zeigt den Baum, auf dem sich eine Person befindet, und Rettungskräfte bei ihrer Arbeit. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Berichterstattung. Sie stehe in krassem Gegensatz zur Richtlinie 8.7 (Selbsttötung) des Pressekodex. Das Bild von der Person im Baum sei mit dem Kodex nicht vereinbar. Zeitweise sei die Person im Bild sogar noch mit einem Pfeil markiert gewesen. Der Satz „Mit dem Blick aus rund 13 Metern Höhe zögerte er“ sei reißerisch. So könne der Mann später noch einmal nachlesen, dass er nicht gewagt habe zu springen. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung und schreibt, Suizide und Suizidversuche behandele die Redaktion so behutsam und sensibel wie viele andere Zeitungen auch. Das bedeute im Grundsatz, dass darüber überhaupt nicht berichtet werde, es sei denn, es gebe spezielle und außergewöhnliche Rahmenbedingungen. Dazu zählten etwa Einsätze von Rettungskräften mit hoher öffentlicher Aufmerksamkeit. In solchen Fällen berichte die Redaktion mit der gebotenen Sachlichkeit und Zurückhaltung. Das sei auch hier der Fall. Eine Kollegin habe Text und Foto an die Online-Redaktion geschickt, wo aus Versehen sofort auf „Veröffentlichung“ geschaltet worden sei. Das mit einem Pfeil markierte Foto sei sofort aus dem Netz genommen worden, eine Stunde später die gesamte Nachricht. In der Online-Ausgabe sei ein Foto geblieben, das den Einsatz der Feuerwehr gezeigt habe. Andere Personen seien darauf nicht zu sehen gewesen.