Falschbehauptungen über afghanischen Botschafter
Magazin kann Korruptionsvorwürfe nicht belegen und verletzt die Ehre des Diplomaten
Ein Wochenmagazin berichtet über die Flucht des ehemaligen afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani aus Afghanistan nach der Machtübernahme durch die Taliban. In Ghanis Amtszeit, so heißt es in dem Artikel, seien Botschafterposten im Ausland an Interessenten verkauft worden. Die ernannten Botschafter hätten die gezahlten Beträge durch Geschäfte in den Auslandsvertretungen „wieder reingeholt“, etwa durch fingierte Dokumente. Der Botschafter in Deutschland gelte als ein Vertrauter Ghanis. „Vor seiner Zeit in Berlin stand er immer wieder unter Beschuss von Parlament und Medien in Kabul. Als Minister musste er sich eines Amtsenthebungsverfahrens wegen mutmaßlicher Veruntreuung von Haushaltsgeldern erwehren. Dann wurde bekannt, dass er britischer Staatsbürger ist. Einen Teil seines Immobilienbesitzes in England erklärte er mithilfe des notariell beglaubigten Erbscheins einer älteren Dame, die an Krebs verstorben war.“ - Der Botschafter beschwert sich beim Presserat: Die Behauptungen zu seiner Person entsprächen absolut nicht der Wahrheit. Sie seien einer zweifelhaften Quelle entnommen und ohne Hintergrundrecherche präsentiert worden. Er sei auch nicht von der Redaktion dazu befragt worden. Das Landgericht Hamburg verurteilt das Magazin später zu einer Richtigstellung solcher Falschbehauptungen und zur Zahlung von insgesamt 15.000 Euro Entschädigung wegen schwerwiegender Verletzung des Persönlichkeitsrechts. - Das Magazin verzichtet auf Rechtsmittel gegen das Urteil und erklärt, die strittige Darstellung habe seinerzeit auf Quellen beruht, die später im Gerichtsverfahren nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten. Nähere Informationen zu diesen Quellen seien wegen des Informantenschutzes leider nicht möglich. Da die Redaktion inzwischen die Richtigstellung abgedruckt hat, bittet sie den Presserat, eine mildere Maßnahme als eine Rüge auszusprechen. - Der Beschwerdeausschuss hält den Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht und die damit verbundene Ehrverletzung aber für so schwerwiegend, dass er dennoch eine öffentliche Rüge ausspricht. Die Redaktion hat ihre Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex verletzt. Sie kann ihre Äußerungen nicht belegen. Die Behauptungen in dem Artikel stellen den Botschafter als korrupt dar und sind unangemessen, weil es an einem Nachweis fehlt. Sie verletzen daher schwerwiegend die Ehre des Betroffenen im Sinne von Ziffer 9 des Pressekodex. Außerdem verstößt die nicht belegte Darstellung zu dem angeblichen Amtsenthebungsverfahren die Ziffer 13 des Pressekodex, der zufolge die Unschuldsvermutung gilt und eine Vorverurteilung zu unterbleiben hat.