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Fotos von drei Opfern gezeigt

Redaktion geht bei Berichterstattung über Gewaltverbrechen zu weit

„Kinder-Psychologin und Ehemann von Sohn erschossen“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über eine Straftat. Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass Vincent (21) erst seine Eltern und dann sich selbst erschossen hat. Weder die Eltern noch der Sohn sollen einen Waffenschein gehabt haben. Vincent, so die Ermittler, sei im zweiten Ausbildungsjahr zum Büchsenmacher gewesen, weshalb er leichten Zugang zu Waffen gehabt habe. Zum Beitrag gestellt sind mehrere Bilder. Gezeigt werden die getöteten Eltern und der mutmaßliche Täter. Im Bild gezeigt werden auch das Wohnhaus der Familie und der Abtransport einer Leiche in einem Sarg. Ein Leser der Zeitung wirft der Redaktion vor, regelmäßig – so auch in diesem Fall – Fotos von Tatverdächtigen zu veröffentlichen. Beanstandungen durch den Presserat ignoriere die Zeitung. Der Pressekodex fordere, auch bei Tatverdächtigen die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen zu berücksichtigen. In die Abwägung sei unter anderem der Verfahrensstand einzubeziehen. Dieser sei im vorliegenden Fall wenige Tage nach der Tat noch nicht sehr fortgeschritten gewesen. Der Chefredakteur der Zeitung hält es für verstörend, dass der Presserat eine Beschwerde zulasse, in der die Zeitung geradezu bedroht werde. Der Chefredakteur zitiert aus dem Schreiben des Beschwerdeführers: „Tut endlich was gegen diese Zeitung oder es müssen andere Lösungen her“. Aus diesem Grund nimmt die Redaktion nicht Stellung zu der Beschwerde. Der Beschwerdeausschuss vertagt die Beschwerde und erweitert sie auf die Ziffern 2 und 8 (Identifizierbarkeit der Opfer). Die Redaktion solle sich auch zu dem Aspekt äußern, dass der Sohn nicht – wie in der Berichterstattung dargestellt – der mutmaßliche Täter war, sondern ebenfalls ein Opfer. Die Rechtsabteilung des Verlages nimmt mit Blick auf den bedrohenden Charakter des Beschwerdeschreibens zu der Beschwerde erneut nicht Stellung.