Überfall und Raub auf der Reeperbahn
Entscheidung: Hinweis
Ziffer 12, Richtlinie 12.1 sowie Ziffer 13
Der Fall: Auf der Hamburger Reeperbahn sollen drei Männer amerikanische Touristen überfallen und beraubt haben. Die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung bezeichnet die Tatverdächtigen als „Nordafrikaner“ bzw. als „aus Marokko und Algerien stammend“. Ein Leser kritisiert, dass die Hinweise auf die Herkunft der Verdächtigen nicht durch ein öffentliches Interesse gedeckt seien. Vielmehr seien sie geeignet, Vorurteile zu schüren. Auch sei die Überschrift vorverurteilend, da sie suggeriere, dass die Verdächtigen die Tat definitiv begangen hätten.
Die Redaktion: Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass der Bereich Reeperbahn/St. Pauli in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz von Verbrechen gewesen sei, die von Jugendlichen und jungen Männern aus nordafrikanischen Staaten verübt worden seien.
Die Nennung der Nationalität habe im konkreten Fall eine Relevanz, weil sie ein Abbild der öffentlich geführten Debatte in einer der meistfrequentierten Touristengegenden Hamburgs darstelle. Zwar handele es sich hier um eine singuläre Tat, die aber durch ihre Art, die Täterschaft und den Tatort eine größere Ausstrahlung entwickle – in etwa so wie die Silvesternacht 2015/2016 in Köln.
Der Presserat: Die Zeitung hat die Ziffern 12 (Diskriminierung) und 13 (Unschuldsvermutung) verletzt, weshalb der Beschwerdeausschuss einen Hinweis ausspricht. Aus dem Bericht geht kein öffentliches Interesse an der Angabe der Herkunft der Verdächtigen hervor. Dass sie aus Nordafrika stammen, wird ohne redaktionelle Begründung erwähnt. Die Angabe ist daher unter presseethischen Gesichtspunkten nicht akzeptabel. Sie ist geeignet, Vorurteile gegenüber einer Minderheit zu schüren (Richtlinie 12.1 des Pressekodex).
Darüber hinaus entsteht durch die Berichterstattung der Eindruck, als sei den Verdächtigen die ihnen zur Last gelegte Tat bereits nachgewiesen. An einer Stelle ist zwar die Rede von „Tatverdächtigen“. Überschrift und Passagen im Text haben jedoch eine vorverurteilende Tendenz. (Aktenzeichen: 949/17/2)