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„Das ist ein falsches Signal der Redaktion“

Schule von Winnenden ins Zentrum eines Fadenkreuzes gestellt

Eine Boulevardzeitung verlinkt auf ihrer Homepage einen Beitrag unter der Überschrift „Amoklauf von Winnenden – Jetzt mit Video – Der Ablauf als Flash-Grafik“. Illustriert ist der Beitrag mit einer Fotomontage des Amokläufers vor seiner Schule. Beigestellt ist ein Fadenkreuz mit der Schule im Zentrum der konzentrischen Kreise. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – findet diesen Beitrag geschmacklos. Dies sei ein falsches Signal der Redaktion. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die von ihr gewählten Darstellungsformen angesichts des außerordentlich hohen Informationsinteresses der Öffentlichkeit für gerechtfertigt. Die Presse habe in den Tagen von Winnenden und danach Fragen zum Tatverlauf, über die Person des Täters, sein Lebensumfeld, seine Geschichte, über die Opfer sowie über privates und behördliches Handeln im Zusammenhang mit dem Ereignis beantworten müssen. Die Redaktion hätte von ihrem Recht Gebrauch gemacht, zulässige Stilmittel und technische Möglichkeiten des Internets zu nutzen. Die notwendige Abwägung mit den Persönlichkeitsrechten und die Prüfung der Fakten seien gewissenhaft vorgenommen worden. Die Zeitung habe die Grenze zur unzulässig sensationellen Darstellung nicht überschritten. Den Vorwurf, die Darstellung der Schule mit dem Fadenkreuz erzeuge das Bild eines Ego-Shooters und verherrliche den Amoklauf, weist die Rechtsabteilung zurück. Tatsächlich würde hier mit den Mitteln des Internets der Weg des Amokläufers zwischen der Schule und dem Ort, an dem er sich selbst tötete, nachgezeichnet. Die Grafik verzichte auf jegliche Darstellung von Menschen. Das Fadenkreuz symbolisiere lediglich die Suche der Polizei. (2009)