Redaktion empfiehlt bestimmten Fonds
Grundsatz der Trennung von Redaktion und Werbung wurde verletz
Ein Finanzmagazin schreibt einem Leser und legt ein Booklet mit dem Titel “Die besten Fonds” bei, das zuvor schon dem Magazin beigelegen hatte. Im Anschreiben wird dem Adressaten nahe gelegt, bestehende Fondsdepots auf das Konto eines bestimmten Fonds zu übertragen und damit nie wieder Ausgabeaufschläge zu bezahlen. Das gesamte Booklet, zu dem der Chefredakteur des Magazins ein Editorial unter dem Titel “Ideale Vorsorge” geschrieben hat, enthält zahlreiche Hinweise auf den Fonds, insbesondere kreisrunde Anzeigen mit der Aufschrift “Diese Fonds 50 % günstiger bei … - klug gewählt”. Das Heft enthält überdies vier ganzseitige Anzeigen des Fonds. Der Leser sieht die Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und werblichen Aussagen nicht mehr gegeben. Die runden Anzeigen seien so in den Text eingebaut, dass der Eindruck entstehe, es handle sich um redaktionelle Hinweise. In allen Texten würden die Experten des Fonds in unverhältnismäßigem Ausmaß zitiert. Dies erwecke den Eindruck, als seien sie besonders kompetent. Der Leser schaltet den Deutschen Presserat ein. Der Chefredakteur des Finanzmagazins teilt mit, die Tabellen in dem Booklet seien redaktionell unabhängig erstellt worden. Quelle sei die größte internationale Rating-Agentur. In sechs der sieben veröffentlichten Tabellen stünden andere Fonds an der Spitze. Darin zeigten sich die Unabhängigkeit und Objektivität des Booklets. Zum Anschreiben weist der Chefredakteur darauf hin, dass dieses nicht von der Redaktion, sondern von der Verlagsleitung stammt. Presseethische Gesichtspunkte griffen also hier nicht. (2006)