Konkurrenz zwischen Mutter und Staat
Zahlungspflichtiger Vater darf nicht erkennbar dargestellt werden
Eine allein erziehende Mutter lässt bei ihrem Ex-Mann Geld pfänden. Der hatte sich angeblich seit Jahren geweigert, für den gemeinsamen Sohn Unterhalt zu zahlen. Die örtliche Zeitung berichtet, dass die Mutter dieses erstrittene Geld nun dem Landkreis abtreten solle, da der Ex-Mann dort ebenfalls Schulden habe. Die Frau ist abgebildet und wird mit vollem Namen, Alter und Wohnort genannt. In dem Beitrag werden detaillierte Angaben über die gepfändeten Beträge sowie die Schuldenstände des Mannes bei seiner Ex-Frau und beim Landkreis gemacht. Der Ex-Mann tritt als Beschwerdeführer auf. Er sieht sich in seinem Privatleben gestört, da er sich durch die Berichterstattung für erkennbar hält. Die Darstellung, er habe sich geweigert Unterhalt zu zahlen, sei falsch. Vielmehr sei er seinen Verpflichtungen im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten nachgekommen. Die Zeitung habe ihm keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Nach Darstellung der Chefredaktion hat der Streit zwischen den geschiedenen Eheleuten in dem Artikel nur am Rande eine Rolle gespielt. Der Ehemann werde deshalb weder mit Namen noch Alter noch Wohnort genannt. Die entscheidende Tatsache, dass der Mann über einen längeren Zeitraum seiner Unterhaltspflicht nicht nachgekommen sei, räume der Beschwerdeführer in seinem Schreiben indirekt ein, wenn er schreibe, er habe seine Unterhaltspflichten „im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten“ wahrgenommen. Die im Beitrag konkret angeführten Unterhaltsrückstände seien vom Jugendamt und dem Amtsgericht bestätigt worden und würden vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Eine weitere Rückfrage bei dem Mann sei daher nicht erforderlich gewesen. Es sei in dem Artikel nicht darauf angekommen, warum ein Unterhaltsrückstand entstanden sei, sondern nur, dass gleichzeitig ein Zahlungsrückstand beim Landkreis und der Ex-Frau bestanden habe. Das sei unstrittig. Ein Gespräch mit dem Beschwerdeführer hätte an der Darstellung des Sachverhalts nichts geändert. Die Chefredaktion ist der Ansicht, dass es möglich sein müsse, über die Folgen einer Unterhaltsverletzung für die betroffene Familie und den Staat zu berichten. (2008)