„Etwas in der Gesellschaft verändern“
Eltern von Winnenden schreiben einen Brief an die Öffentlichkeit
Unter der Überschrift „Amok-Schütze von Winnenden – Diese jungen Leben hat er ausgelöscht“ berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über die größtenteils weiblichen Opfer von Tim K. Auf der Startseite der Homepage ist ein großes Foto des Amokläufers zu sehen. Sie enthält auch vier Porträtbilder von getöteten Schülerinnen. Ein Leser sieht eine Verletzung der Richtlinie 8.1 (Nennung von Namen und Abbildungen) des Pressekodex, weil Fotos von Opfern und vom Täter gezeigt würden. In dem Beitrag würden zudem die Namen von Opfern und Angehörigen genannt. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält dem Beschwerdeführer entgegen, die Redaktion habe verantwortungsbewusst und korrekt berichtet. Den Medien hätten sich am Tag von Winnenden und danach viele Fragen gestellt, auf die Antworten erwartet worden seien. Gewissenhaft habe die Redaktion die notwendige Abwägung der Persönlichkeitsrechte dem hohen öffentlichen Informationsinteresse gegenübergestellt. Der Pressekodex bestimme, dass „in der Regel“ eine identifizierende Darstellung der Opfer zu unterbleiben habe. Das Verbrechen von Winnenden sei jedoch kein Regelfall gewesen. Die Zeitung beruft sich auf die „besonderen Begleitumstände“ im Sinne der Richtlinie 8.1, die eine Darstellung der Opfer in der vorliegenden Form rechtfertige. Dies entspreche offensichtlich auch der Sichtweise einiger betroffener Eltern. Opferfamilien hätten sich in einem offenen Brief an Regierung und Öffentlichkeit mit dem Anliegen gewandt, etwas in der Gesellschaft so zu verändern, dass es kein zweites Winnenden geben werde. (2009)