Entscheidungen finden

Ein Begriff jenseits von Gut und Böse

Die „Super-Transe“ und der Kuss im Dschungelcamp als „Ekel-Prüfung“

„Hier küsst Lorenzo Giulia Siegel“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Sie berichtet in Wort und Bild über das RTL-Format Dschungelcamp. „Lorenzo“ ist in Wahrheit Lorielle London. Der Kuss zwischen den beiden Frauen wird als „Ekel-Prüfung“ bezeichnet. Über Lorielle heißt es: Super-Transe Lorenzo (25) nahm sich die schöne Giulia Siegel (34) zur Brust…“ Eine Leserin sieht Ziffer 1 des Pressekodex (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) verletzt. Transsexuelle fühlten sich teilweise schon von Geburt an dem biologisch entgegengesetzten Geschlecht zugehörig. Daher sollte Lorielle London auch als Lorielle und nicht als „Lorenzo“ und somit mit „sie“ und nicht mit „er“ beschrieben werden. Der Begriff „Super-Transe“ sei zudem jenseits von Gut und Böse. Die Fotoveröffentlichung – so die Rechtsabteilung der Zeitung – sei mit ausdrücklicher Zustimmung der Beteiligten nach einem Pressetermin erfolgt. Die beiden sähen jedenfalls ihre Menschenwürde durch den Bericht nicht verletzt. Soweit in der Berichterstattung Lorenzo bzw. Lorielle London als “Supertranse“ bzw. „Transsexuelle“ bezeichnet werde, sei darauf hinzuweisen, dass Lorielle diesen Begriff mehrfach selbst in Interviews benutzt habe. Ihre operative Verwandlung habe sie als Medienspektakel inszeniert, weil die damit einhergehende Prominenz ihre berufliche und finanzielle Existenzgrundlage sei. Die hier angegriffene Berichterstattung bilde nur ab, was die Protagonisten aus eigenem Antrieb im Rahmen dieses Fernsehformats hätten öffentlich machen wollen. (2009)