Im Dschungel sexuellen Selbstverständnisses
Redaktionen bemühen sich um korrekten Umgang mit Begriffen
Die Online-Ausgabe einer Illustrierten heißt es unter der Überschrift „Kakerlaken, Tränen, Busen-Talk“ über Lorielle London: „Sie (…) fragt den Transvestiten Lorielle“. Die Zwischenunterschrift lautet: „Und einen Transvestiten gab es noch nie in der Sendereihe“. Gemeint ist das Dschungelcamp von RTL. Eine Leserin teilt mit, eine transsexuelle Frau sei kein Mann. Daher sollte Lorielle London auch als Frau angesprochen werden. Zuschauer könnten denken, Tanssexuelle seien „diese verrückten Männer“, doch gerade transsexuelle Frauen bedürften eines besonderen Schutzes, egal wie schrill und schräg sie manchmal aussähen. Die Benutzung sei diskriminierend und führe zu Transphobie. Ausschussvorsitzender und zuständige Referentin erklären die Beschwerde im Rahmen der Vorprüfung für offensichtlich unbegründet, womit die Leserin nicht einverstanden ist. Sie bemängelt in ihrem Einspruch, dass in allen kritisierten Beiträgen über Lorielle London geschrieben worden sei, dass diese ein Transvestit bzw. eine Transe sei. Dies sei falsch. Transvestitismus trete bei Männern auf und sei etwas völlig anderes als Transsexualität. Bei Transvestitismus gehe es um das Tragen der Kleidung des weiblichen Geschlechts. Transvestiten seien Männer, transsexuelle Frauen seien Frauen. Das geschlechtliche Selbstverständnis sei ein völlig anderes. Transvestiten hätten eine männliche Geschlechtsidentität, transsexuelle Frauen eine weibliche. Da Lorielle London sage, sie sei eine Frau, sei sie eben kein Transvestit, der ab und zu mal weibliche Kleidung trage, sondern eine transsexuelle Frau. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift teilt mit, weder die Verwendung der männlichen Form noch die Bezeichnung „Transvestit“ seien ein Ausdruck von Diskriminierung und schon gar nicht als Verstoß gegen den Pressekodex zu sehen. Es habe nicht in der Absicht des Autoren gelegen, Lorielle London zu diskriminieren. In der Redaktion sei das Bewusstsein erneut geschärft worden, mit den einzelnen Begriffen sprachlich korrekt umzugehen. Die Verständlichkeit für die Leser und die Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs spielten jedoch auch eine Rolle. (2009)