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„Haupttäter“ ist nicht präjudizierend

Gericht hat Zugehörigkeit zur Hamburger Terrorzelle festgestellt

Unter der Überschrift „Randfigur Motassadeq“ kommentiert eine überregionale Zeitung den in Deutschland laufenden Prozess gegen den Terrorverdächtigen. Der Autor wertet den Marokkaner als „Randfigur“, „denn die Haupttäter waren entweder tot, wie Mohammed Atta, ins Ausland untergetaucht, wie Said Bahaji, oder sie sind in US-Gewahrsam, wie Ramzi Binalshibh“. Eine Vereinigung für Recht und Verfassung vertritt die Meinung, die Täterschaft von Said Bahaji und Ramzi Binalshibh sei nur eine präjudizierende Vermutung. Sie ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung bezieht sich auf ihre Ausführungen zum Beschwerdeverfahren unter dem Aktenzeichen BK1-203/06 und macht sich diese erneut zueigen. Diesem Verfahren lag die Behauptung zugrunde, Binalshibh sei der Chefplaner der Anschläge von New York und Washington gewesen und habe zur Hamburger Terrorzelle um Mohammed Atta gehört. Er sei das entscheidende Bindeglied zur al-Quaida gewesen. Die Mitgliedschaft Binalshibhs zur Terrorzelle um Atta sei erwiesen. Diese Tatsache werde seit Jahren durch privilegierte Quellen und von renommierten Nachrichtenagenturen verbreitet. Die Zeitung beruft sich auf den Gesamtzusammenhang der Berichterstattung und den „konjunktivistischen Duktus“ ihres damaligen Beitrags. Der Text mache auch deutlich, dass wegen der Terroranschläge in Deutschland noch niemand rechtskräftig verurteilt worden sei. Im vorliegenden Fall erklärt die Chefredaktion, dass der Kommentar die Genannten nicht als Schuldige im Sinne eines Urteilsspruchs darstelle. Dennoch sei die Tatbeteiligung der Genannten seit Jahren erwiesen. Die beiden Personen als „Haupttäter“ zu bezeichnen, sei zulässig. (2006)