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Das Foto eines Amokläufers veröffentlicht

Zwischen öffentlichem Interesse und Persönlichkeitsrechten abgewogen

In ihrem Online-Auftritt beschäftigt sich eine Boulevardzeitung unter der Überschrift „18-Jähriger stürmt Gymnasium mit Molotow-Cocktails“ mit dem Amoklauf des Schülers Georg R. am Ansbacher Gymnasium Carolinum. Der junge Mann war in die Schule gestürmt und hatte mehrere Schüler verletzt, darunter drei von ihnen schwer. Zum Beitrag gehört eine Fotostrecke mit 33 Bildern. Auf dem ersten Bild ist „Der Amokläufer Georg R.“ zu sehen. Eine Nutzerin der Online-Ausgabe sieht darin einen Verstoß gegen die Ziffer 8, Richtlinie 8.1 des Pressekodex. Sie begründet ihre Beschwerde beim Presserat damit, dass der Täter identifizierend dargestellt werde. Die Rechtsabteilung der Zeitung argumentiert mit dem großen öffentlichen Interesse, das der Ansbacher Vorfall gefunden habe. Das Interesse sei so groß gewesen, weil der Amoklauf von Winnenden erst wenige Monate zurückgelegen hatte. Auch der vielfache Mord an einer Erfurter Schule sei in der Erinnerung der Menschen noch sehr präsent gewesen. Der Meinung, dass über den Ansbacher Amokläufer identifizierend berichtet werden durfte, seien offensichtlich auch andere Medien gewesen. Den Interessen des Täters habe die Redaktion dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass sie den Namen abgekürzt habe. Die Berichterstattung habe nicht der Sensationslust gedient. Es sei einfach darum gegangen, über einen Vorfall sachlich zu berichten, der bundesweit für Aufsehen gesorgt habe. (2009)