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Bildabdruck keine presseethische Frage

In Ziffer 4 des Pressekodex sind Recherche-Grundsätze geregelt

„Nackt-Künstler erschlägt seine Mutter“ und „Mutter mit Bildhauer-Hammer erschlagen“ – unter diesen Überschriften berichtet eine Boulevardzeitung über einen Künstler, der wegen des Verdachts, seine Mutter getötet zu haben, in Untersuchungshaft genommen wurde. Den Veröffentlichungen ist ein Bild beigestellt, das den Verdächtigen mit einem seiner Bilder zeigt. Der Redaktionsleiter einer Lokalzeitung, der als Beschwerdeführer den Deutschen Presserat anruft, teilt mit, dass das Foto, das den Untersuchungsgefangenen mit einem seiner Aktgemälde zeigt, ohne Wissen und Genehmigung des Fotografen und der Zeitung veröffentlicht wurde. Das Bild sei in der Zeitung aus Anlass einer Ausstellungseröffnung abgedruckt wurden. Die Boulevardzeitung habe das urheberrechtlich geschützte Bild offensichtlich aus dem Internet-Archiv der Zeitung ungefragt herunter geladen. Dies sei ein dreister Verstoß gegen das Urheberrecht. Mit dem Fotovermerk in dem Boulevardblatt (Zeitung und Fotograf) werde außerdem indirekt eine Unterstützung und Billigung der Bildveröffentlichung durch die Lokalzeitung suggeriert. Der Redaktionsleiter sieht in der Veröffentlichung eine Verletzung der in Ziffer 4 des Pressekodex definierten Recherchegrundsätze. Auch liege eine klassische Urheberrechtsverletzung vor. Die Rechtsabteilung der Zeitung widerspricht. Das umstrittene Foto sei von einem freien Fotografen auf der Internetseite der Lokalzeitung gefunden worden. Alle Versuche der Redaktion des Boulevardblattes, telefonisch eine Abdruckerlaubnis von der Lokalzeitung zu bekommen, seien vergeblich gewesen. Der Redaktionsleiter sei nicht zu erreichen gewesen. Die Redaktion habe sich schließlich zur Veröffentlichung des Fotos entschlossen und wollte selbstverständlich nachträglich die Erlaubnis dazu einholen. Einige Tage später habe man sich mit dem Fotografen darauf geeinigt, dass er eine Rechnung für die Bildveröffentlichung an die Boulevardzeitung schicken werde. Mit der Bezahlung, so der Fotograf, sei dann die Angelegenheit für ihn erledigt. (2007)