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Die Frauen mit dem „Zetteltrick“

Zeitung spricht von einer Sinti, möglicherweise auch Türkin

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Bericht unter der Überschrift „Zetteltrick hätte beinahe funktioniert“. Es geht um den Versuch zweier Frauen, eine Rentnerin mit Hilfe des so genannten „Zetteltricks“ in ihrer Wohnung zu beklauen. Die Tat misslang wegen des Misstrauens der Frau. Die Zeitung zitiert das Personenprofil, mit dem die Polizei nach den Täterinnen fahndet: „Die eine ist etwa 50 Jahr alt, korpulent, dunkle Haare, dunkler Teint, Sinti oder, nach Aussage des Opfers, möglicherweise Türkin“. Der Zentralrat der Sinti und Roma in Deutschland sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex in Verbindung mit Richtlinie 12.1 (Diskriminierung ethnischer Minderheiten). Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt die Beschwerde mit Verwunderung zur Kenntnis. Der Vorgang liege ein halbes Jahr zurück. Deshalb lasse sich die damalige Polizeimeldung nicht mehr nachprüfen. Die Polizei habe seinerzeit die Rentnerin zitiert, wonach es sich bei einer der Täterinnen um „eine Zigeunerin“ gehandelt habe. In der Polizeimeldung sei dann von einer „Sinti“ die Rede gewesen. Dies sei keine Entschuldigung, aber zumindest eine Erklärung. Seine Zeitung – so der Chefredakteur weiter – setzte sich für Integration und gegen Ausländerfeindlichkeit ein. Auch bei den örtlichen Sinti-Angehörigen bestehe an der politischen Grundhaltung des Blattes kein Zweifel. Die Redaktion bedauere die im Bericht gewählte Kennzeichnung. Sie sei angewiesen, entsprechende Polizeimeldungen künftig zu korrigieren. (2006)