„Demagoge“ mit „Volksverhetzer“ übersetzt
Die Ehre zweier Bundespolitiker im Leitartikel verletzt
Gregor Gysi und Oskar Lafontaine sind „Volksverhetzer“ – diese Behauptung steht im Leitartikel einer Regionalzeitung, die sich mit der politischen Landschaft in Deutschland beschäftigt. Zwei Leser wenden sich an den Deutschen Presserat. Der eine sieht eine ehrverletzende Darstellung im Sinne der Ziffer 9 des Pressekodex. Volksverhetzung sei ein Straftatbestand. Auch unter dem Gesichtspunkt der journalistischen Meinungsfreiheit sei die Behauptung daher nicht haltbar. Die Anschuldigungen würden nicht begründet, die Genannten herabwürdigend dargestellt. Der andere Beschwerdeführer sieht eine Verleumdung der beiden Politiker. Nach Darstellung des Verlegers der Zeitung befasse sich der Beitrag mit dem Demokratieverfall in Deutschland. Die Partei „Die Linke“ werde dabei nur in einem Nebensatz gestreift. Der in der Medienlandschaft für Gysi und Lafontaine durchaus gebräuchliche Ausdruck „Demagoge“ sei in dem Leitartikel mit dem Begriff „Volksverhetzer“ lediglich ins Deutsche übersetzt worden. Der Duden übersetze „Demagoge“ u. a. mit „der andere politisch aufhetzt“ und Demagogie mit „politische Hetze“. Im ländlich strukturierten Verbreitungsgebiet seiner Zeitung – so der Verleger – könnte die Mehrheit der Leser mit dem Demagogie-Begriff wenig anfangen. Er weist auf eine Diskussion im Plenum des Presserats hin, bei der es um den Begriff „Mörder“ ging. Dabei sei festgestellt worden, dass dieser in der medialen Darstellung nicht deckungsgleich mit seiner juristischen Definition sein müsse. Vielmehr habe Übereinstimmung geherrscht, dass er sowohl umgangssprachliche als auch anthropologische Implikationen habe, die eine enge Festlegung auf seine juristische Bedeutung in medialen Kontexten gerade nicht erlaube. Die Auseinandersetzung mit dem Begriff „Volksverhetzer“ müsse in einen vergleichbaren Kontext gestellt werden. (2007)