Persönliche Opfer-Daten veröffentlicht
Hinweis auf das Verhalten anderer Medien greift nicht
„Geschändet, erwürgt!“ titelt eine Boulevardzeitung über die Ermordung der Gymnasiastin Anna S. aus K. Sie schildert Einzelheiten der letzten Stunden des Opfers und bringt persönliche Daten aus der Todesanzeige sowie ein Agenturfoto der Toten. Für die Aufklärung des Verbrechens hat die Staatsanwaltschaft eine Belohnung von 5000,-- Euro ausgesetzt. Ein Leser ist der Auffassung, dass die Zeitung gegen Ziffer 8 in Verbindung mit Richtlinie 8.1 des Pressekodex verstoßen hat und ruft den Deutschen Presserat an. Der zur Beschwerde herangezogene Teil des Pressekodex bezieht sich auf die Persönlichkeitsrechte, Richtlinie 8.1 auf die Nennung von Namen und den Abdruck von Fotos. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Noch Monate nach der Tat sei die gemeinsame Presseerklärung von Polizei und Staatsanwaltschaft im Internet abrufbar gewesen. Auch andere Medien hätten über die bevorstehende Beerdigung des Mordopfers berichtet. Wegen der häufigen Wiedergabe von Annas Foto in den Medien verstoße dessen Veröffentlichung nicht gegen den Pressekodex. (2006)