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Zeitung zeigt verkohlte Unglücksopfer

Engste Freunde der Toten rufen den Deutschen Presserat an

Eine Boulevardzeitung berichtet über einen Flugzeugabsturz im Himalaya unter der Überschrift „12 Deutsche im Flugzeug verbrannt!“ Ein Foto auf der Titelseite zeigt die Bergung der verkohlten Leichen. Im Innern des Blattes wird das Schicksal zweier Opfer geschildert: Ein Paar aus Niedersachsen, das gerade erst geheiratet hatte. Die Zeitung druckt die Fotos der verunglückten Personen ab, nennt ihre Vornamen und ihre Herkunft. Sie schildert den Absturz im Detail. Mehrere Leser der Zeitung wenden sich gegen die Veröffentlichung. Eine Leserin sieht in dem Titelfoto eine Verletzung der Würde der Opfer, sowie eine Respekt- und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Angehörigen. Das Bild sei menschenverachtend. Eine weitere Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass das Informationsbedürfnis innerhalb der freien Presse maßlos überschritten sei. Offensichtlich sprengten die Wirtschaftsinteressen alle Ethikgrenzen. Ein anderer Leser sieht eine Gefährdung für Kinder und Jugendliche. Eine derartige Veröffentlichung auf der Titelseite sei absolut unangemessen. Eine Leserin sieht in dem Foto die Grenzen der Verrohung und der Geschmacklosigkeit überschritten. Schließlich hält ein Beschwerdeführer die Darstellung für unangemessen sensationell. Im Vergleich zu anderen Medien habe die Zeitung extra ein Foto gewählt, das die verbrannten Körper ohne Verschleierung oder Abdeckung zeige. Bei den Beschwerdeführern handelt es sich nach eigenem Bekunden um engste Freunde der Opfer, die diese gern würdevoll in Erinnerung behalten wollten. Nach Auffassung der Rechtsabteilung des Blattes handelt es sich bei dem Flugzeugunglück um ein Ereignis von herausragender Bedeutung, das die gesamte Weltpresse beschäftigt habe. Das kritisierte Foto beschränke sich nicht auf die Opfer, sondern gebe vor allem die Bergungsarbeiten wieder. Es sei ein zeitgeschichtliches Dokument und stelle die brutale Wirklichkeit und Kehrseite eines hierzulande als „schick und modern“ geltenden Abenteuerurlaubs dar. Mit dem Foto solle gerade einem „Wegsehen und Übergehen zur Tagesordnung“ entgegengewirkt werden. Die Rechtsabteilung betont, dass die erforderlichen Einwilligungen für die Veröffentlichung der Fotos im Innern des Blattes vorgelegen hätten. (2008)