Entscheidungen finden

Abwägung zugunsten des Informationsinteresses

Foto eines 18-Jährigen, der sich in Polizeigewahrsam erhängte

Eine Großstadt-Zeitung berichtet unter der Überschrift „Tot nach drei Stunden Haft! – Jugendlicher erhängte sich am Bettpfosten. Jede Hilfe kam zu spät“ über einen 18-Jährigen und seinen Tod in einer Polizei-Zelle. Zu dem Artikel werden unverfremdete Fotos des jungen Mannes und eines seiner Freunde abgedruckt. Im Artikel werden das Alter und der Vorname des Verstorbenen und seines Freundes genannt. Ein Leser sieht durch das ungepixelte Foto und die Nennung des Alters und des Vornamens des Betroffenen Ziffer 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 8 (Persönlichkeitsrechte) verletzt. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der erkennbaren Darstellung bestehe nicht. Des Weiteren sei bei der Berichterstattung über Selbsttötungen besondere Rücksichtnahme geboten. Eine identifizierbare Darstellung verletze das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Nach Mitteilung der Rechtsabteilung des Verlages habe die Redaktion zwischen Persönlichkeitsrecht und öffentlichem Informationsinteresse abgewogen. Diese Abwägung sei zugunsten des öffentlichen Informationsinteresses ausgefallen. Die Redaktion habe Fotos von den Eltern des Jungen erhalten und sie mit deren Einverständnis verwendet. Darüber hinaus hätten die Eltern in ständigem Kontakt mit der Redaktion gestanden und seien über die Einzelheiten der geplanten Berichterstattung informiert gewesen. Die Motivation der Eltern sei gewesen, politischen Druck zu erzeugen. Die Rechtsvertretung: „In einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem die Hinterbliebenen es ausdrücklich begrüßen, dass über den Suizid des Angehörigen berichtet wird, verzichten die Hinterbliebenen auf den besonders ausgestalteten Schutz der Privatsphäre.“ (2008)