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Video soll Kriegsverbrechen beweisen

Journalisten war Einreise ins Kampfgebiet verwehrt worden

„Kopfschuss, Gelächter, Genickschuss“ titelt die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins. Im Beitrag geht es um ein Video, das Kriegsverbrechen in Sri Lanka beweisen soll. Der von einem Soldaten der Regierungsarmee mit Handy aufgenommene Film zeigt die Tötung von nackten Gefangenen. Am Ende des Beitrages weist die Redaktion auf einen Link mit der Überschrift „Hinrichtungsvideo aus Sri Lanka: Die Armee bestreitet jede Verantwortung“ hin. Das Online-Portal teilt mit, dass Journalisten der Zugang zu der umkämpften Region verweigert worden sei. Das Video sei der Organisation „Journalists for democracy“ übergeben worden, die es wiederum an die internationale Presse weitergegeben habe. Die Redaktion zeigt Ausschnitte aus dem Video. Darin ist zu sehen, wie mehrere gefesselte und nackte Männer von Uniformierten mit Waffen bedroht werden und andere verletzt am Boden liegen. Die Redaktion vermutet, dass es sich bei den Uniformträgern um Regierungssoldaten handeln könnte. Sie zitiert einen Sprecher der Regierung von Sri Lanka, der das Video als Fälschung bezeichnet habe. Zwei Nutzer der Internetausgabe des Nachrichtenmagazins sehen sowohl im Beitrag als auch im Video einen Verstoß gegen die Ziffern 8 (Persönlichkeitsrechte) und 11 (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz) des Pressekodex. Nach ihrer Meinung sollten solche Bilder nicht öffentlich gezeigt werden, wenn es sich um ein Propaganda-Video handeln könnte. Das Justiziariat des Nachrichtenmagazins ist der Meinung, dass in diesem Fall zwischen dem journalistischen Auftrag, auch die Grausamkeit von Kriegen in Text und Bild darzustellen, und den Anforderungen der Ziffern 8 und 11 abgewogen werden müsse. Statistiken allein könnten kein angemessenes journalistisches Bild von Krieg und Gewalt vermitteln. Im Video seien die Betroffenen nicht zu identifizieren. Die Tötungsszenen selbst würden nicht gezeigt. Die abgebildete Situation sei ohne Zweifel grausam und menschenverachtend. Um jedoch die Situation vor Ort zu bewerten, sei es ethisch vertretbar, die Szenen zu zeigen. (2009)