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Gefühle der Angehörigen nicht beachtet

Zeitung berichtet unangemessen sensationell über einen Unfall

Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Das letzte Foto vor dem Todes-Crash“ über einen Verkehrsunfall, bei dem drei junge Leute getötet wurden. Deren Vor- und abgekürzte Nachnamen werden genannt. Beigestellt sind zwei Fotos der Toten, eines von einem jungen Paar und eines vom Fahrer des Unglücksfahrzeugs. Mehrere Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat, darunter die Mutter des jungen Mannes, der gemeinsam mit seiner Freundin im Bild gezeigt wurde. Sie sehen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Toten und eine unangemessen sensationelle Berichterstattung. Das Leid der Hinterbliebenen sei nicht respektiert worden. Sie selbst – die Mutter eines der Toten – habe Details des Unfalls aus der Zeitung erfahren. Zudem seien die Fotos auf unlautere Weise beschafft worden. Ein Journalist habe sich als Redakteur einer anderen Zeitung bei einem Freund ihres Sohnes vorgestellt und nach Bildern gefragt. Der Freund habe dem Mann die Fotos gegeben, dies später jedoch bedauert. Die Rechtsabteilung der Zeitung ist der Auffassung, dass die Veröffentlichung nicht gegen ethische Grundsätze verstoße. Sie könne allerdings nachvollziehen, dass der Bericht den Angehörigen, Freunden und Bekannten zusätzlichen Schmerz bereitet habe. Der Chefredakteur der Zeitung habe den Angehörigen eines der Toten schriftlich sein Beileid ausgesprochen. Er habe auch versucht darzulegen, dass die Zeitung mit ihrer Berichterstattung ein besonderes Anliegen verbinde. Aufgabe der Medien sei nicht die bloße Meldung, sondern auch, den Unfallhergang, die Folgen und das persönliche Schicksal der Beteiligten greifbar zu machen. Einen Verstoß gegen Ziffer 4 des Pressekodex (Grenzen der Recherche) habe die Beschwerdeführerin „einem Redakteur einer anderen Tageszeitung“ vorgeworfen. Insofern erübrige sich jede weitere Anmerkung. Das umstrittene Foto habe die Zeitung auch nicht von einem Freund eines der Verunglückten erhalten. (2008)