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Fotos von Unglücksfällen und Kriegen „ureigenste Aufgabe der Presse“

Eine Nachrichtenagentur verbreitet Fotos von der Amokfahrt im niederländischen Apeldoorn am Königinnen-Tag 2009. Sie werden in der Online-Ausgabe einer regionalen Tageszeitung veröffentlicht. Zu sehen sind schwer verletzte und angefahrene Menschen, zum Teil noch durch die Luft fliegend. Gezeigt werden auch der schwer verletzte Amokfahrer und Versuche der Helfer, den Opfern beizustehen. Ein Nutzer sieht in den Agenturfotos einen Verstoß gegen den Pressekodex, der die unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt verbietet. Auf einem Bild sei ein gerade angefahrenes Kind zu sehen. Die Abteilung Personal und Recht der Agentur stellt fest, dass auf einigen der Fotos sterbende Menschen dargestellt seien. Diese Tatsache allein könne jedoch keinen Verstoß begründen. Eine Bildberichterstattung in der Presse könne nicht deshalb unterbleiben, weil Menschen sterben. Sowohl die Bildberichterstattung über Unglücksfälle als auch über Kriege gehörten zu den ureigensten Aufgaben der Presse. Der Anschlag von Apeldoorn habe sich vor den Augen vieler Medienvertreter ereignet, die wegen der königlichen Parade angereist waren. Dass ein Fotograf, wenn sich vor seinen Augen eine so schreckliche Tat ereigne, dies festhalten müsse, stehe außer Frage. Ob Bilder später in einen Kontext gebracht und in einer Form veröffentlicht würden, die die Grenze unangemessener Darstellung überschritten, könne die Agentur als Bildlieferant weder festlegen noch beeinflussen. Ungeachtet dessen gebe es in der Bildredaktion immer wieder Diskussionen und Überlegungen, ob bestimmte Bilder aus ethischen Gründen nicht zur Weiterleitung an die Kunden geeignet seien. Das sei selbstverständlich auch in diesem Fall diskutiert worden. Man sei als Nachrichtenagentur jedoch der objektiven Berichterstattung in Wort und Bild verpflichtet. (2009)