Begriff “Terrorzelle” geht zu weit
Linkes Wohnprojekt schafft Unruhe in einer kleinen Stadt
Unter der Überschrift “Wohnprojekt oder Terrorzelle?” berichtet eine Lokalzeitung über ein linkes Wohnprojekt. Von genauen Vorkommnissen ist nicht die Rede, doch heißt es in dem Beitrag, manche Fußgänger machten um das Gebäude einen Bogen und wieder andere wechselten gar die Straßenseite. In dem Haus wohnen nach Angaben der Zeitung Jugendliche der linksalternativen Szene, die anders als “normal” seien und aussähen. Im Hinterhof brenne nachts “schon mal ein Feuer”. Jugendliche der linksautonomen Szene seien durch die Stadt gezogen, unter ihnen auch Bewohner des Hauses. Es sei zu Vandalismus gekommen und ein Auto sei zerstört worden. Eine Leserin ist mit dieser Darstellung nicht einverstanden und ruft den Deutschen Presserat an. Die Jugendlichen würden mit Terror in Verbindung gebracht, also mit Gefahren tödlicher und unberechenbarer Gewalt gegen Zivilpersonen. Dies, so die Beschwerdeführerin, sei eine überzogen sensationelle Darstellung, die die Jugendlichen zudem stigmatisiere. Die Zeitung schüre völlig unangemessene Ängste gegen junge Leute, die vor allem deshalb auffielen, dass sie unangepasst lebten. Die Leserin weist darauf hin, dass in letzter Zeit Jugendliche der rechten Szene die Hausbewohner massiv bedroht hätten. Die Vorgeschichte war nach Auffassung der Redaktionsleitung entscheidend für die Berichterstattung. Bewohner der Straße hätten sich immer wieder an die Zeitung mit der Klage gewandt, sie gerieten häufig im Umfeld des Wohnprojekts in Auseinandersetzungen zwischen links und rechts orientierten Jugendlichen. In diesem Zusammenhang sei von Lärm, Müllbergen, Feuer im Hof, Trunkenheit und Pöbeleien die Rede. Die Zeitung stellt schließlich fest, dass das fragliche Haus nach ihren Informationen von der Polizei observiert werde. Die linken Jugendlichen hätten auch bei der Gründung einer NPD-Jugendorganisation am Ort demonstriert. Sie hätten das Tagungslokal gestürmt, Fensterscheiben eingeschlagen und ein Auto zerstört. Diese Ereignisse seien der Grund für den nunmehr beanstandeten Bericht gewesen. Schließlich stellt die Zeitung fest, es sei ihre Aufgabe, über Vorkommnisse zu berichten, die weite Kreise der Bevölkerung bewegten. Die in Form einer Frage formulierte Überschrift sei zur Verdeutlichung des Problems zulässig. (2005)