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Zeitung bewertet Kreistagsabgeordnete nach drei Kriterien

„Aussagen aus dem Bauch heraus“

Eine Lokalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „So arbeiten unsere Kreispolitiker“. Die Redaktion „bewertet“ darin ein Jahr vor der Kreistagswahl die Arbeit der Abgeordneten. Sie stellt die Frage: „Welche Abgeordneten sind besonders engagiert und einflussreich, welche eher zurückhaltend?“ Die Redaktion trifft nach einer kurzen Beschreibung der einzelnen Lokalpolitiker die Urteile „unauffällig“, „Durchschnitt“ und „wertvoll“. Einer der Beurteilten wird als „unauffällig“ bezeichnet, was ihn dazu veranlasst, der Zeitung einen Leserbrief zu schicken, den diese nicht veröffentlicht. Er hält die Beurteilung für unprofessionell. Er kritisiert, dass sein Leserbrief nicht gebracht wurde. Darin hatte er der Zeitung vorgeworfen, sie treffe „aus dem Bauch heraus“ Aussagen, ohne zu überlegen, nach welchen Kriterien gewertet werden sollte. Die gewählten Beurteilungsformulierungen seien nichts als Worthülsen. Nach seiner Auffassung müsste den bewerteten Personen Gelegenheit gegeben werden, zu dem Vorgang Stellung zu nehmen. Der Kreispolitiker wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, seine Zeitung habe ein Jahr vor der Kommunalwahl mit einer langfristig angelegten Berichterstattung begonnen. Die subjektive Bewertung von Kommunalpolitikern sei ein Teil davon gewesen. Als Vorlage habe die entsprechende Aktion einer anderen Regionalzeitung gedient. Bei den drei Bewertungsstufen handele es sich um eine wertende Kommentierung der Redaktion. Von Anfang an sei darauf verzichtet worden, Stellungnahmen der Betroffenen einzuholen. Damit folge die Redaktion der üblichen Praxis. Im Übrigen sei der Beschwerdeführer der einzige der bewerteten Politiker, der sich direkt an die Redaktion gewandt habe. Eine Pflicht zum Abdruck des Leserbriefes bestehe nicht. Der Politiker sei der irrigen Ansicht, dass eine Zeitung Wertungen und Beurteilungen nur dann vornehmen könne, wenn sie dem Bewerteten die Chance gibt, sich ebenfalls öffentlich dazu zu äußern. Wäre dies eine Voraussetzung für Wertungen, so wären Kommentierungen und Beurteilungen gar nicht mehr möglich. (2007)