Redaktion frei in der Wahl ihrer Autoren
Konstellation zwischen Autor und Rezensent nicht offen gelegt
In einer überregionalen Zeitung erscheint die Rezension eines Buches, in dem Wolfgang Welsch sein Leben in der DDR und seinen Widerstand gegen das Regime beschreibt. Der Autor der Rezension wird in dem Buch als ehemaliger Präsident des Gesamtdeutschen Instituts erwähnt und deutlich kritisiert. Die Rechtsvertretung des Buchautors beschwert sich beim Presserat darüber, dass der Autor der Rezension über ein Buch schreibe, in dem er selbst erwähnt und kritisiert werde. Er könne deshalb das Buch nicht unbeeinflusst von persönlichen Beweggründen kritisch bewerten. Der Leser werde über diese Konstellation nicht informiert. Das sei ein Verstoß gegen die Präambel und die Ziffern 1 und 2 des Pressekodex. Laut Geschäftsführung und Justiziariat der Zeitung stützt sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf das Argument, dass die Rezension eines Buches nicht von einer Person verfasst werden dürfe, die selbst in dem Buch kritisiert werde. Damit offenbare er ein seltsames Verständnis von Meinungs- und Pressefreiheit. Selbstverständlich müsse es jedermann im Hinblick auf Artikel 5 des Grundgesetzes unbenommen sein, sich publizistisch mit Kritik auseinandersetzen, der er in einem Buch ausgesetzt sei – und zwar auch in Form einer Rezension, bei der es sich um ein Werturteil handele. Schon aus diesem Grund sei ein Verstoß gegen den Pressekodex nicht ersichtlich. (2009)