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Prozess um ein Familiendrama

Ehefrau und Kinder in die Berichterstattung hineingezogen

Ein Kommunalpolitiker sticht seine schwangere Geliebte und frühere Schülerin nieder. Die örtliche Zeitung berichtet über den Prozessauftakt und sehr detailreich über die Beziehung von Täter und Opfer. Der Angeklagte wird nach dem Motiv für die Tat befragt und von der Zeitung mit dem Satz zitiert: „Ich war völlig verzweifelt, meine Frau schrieb ihr Testament und drohte mit Suizid“. Das Blatt berichtet, dass der 21-jährige Sohn des Angeklagten bei der Bundeswehr ist und die 13-jährige Tochter das Gymnasium besucht. Der Leser erfährt auch, dass die Familie 1995 einen Neubau in einem bestimmten Ort bezogen habe. Die Zeitung berichtet über einen zweiten Prozesstag und unter der Überschrift „Tränenreiches Wiedersehen im Gericht“ über die erste Begegnung zwischen dem Angeklagten und seiner Frau (50) nach der Verhaftung. Die Ehefrau kritisiert, dass einige Einzelheiten des Berichts zum Prozessauftakt falsch seien, und wendet sich an den Deutschen Presserat. Dies verletze sie in ihren Persönlichkeitsrechten. Die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen und falsch wiedergegeben worden. Es verletze ihre Ehre, wenn ihr öffentlich Selbstmordgedanken nachgesagt würden. Sie bemängelt schließlich, dass ihre Kinder in die Prozess-Berichterstattung und damit in die Öffentlichkeit gezogen worden seien. Die Ehefrau des Angeklagten moniert schließlich, dass ihr Alter genannt worden sei. Daran bestehe kein öffentliches Interesse. Die Information über außereheliche Beziehungen ihres Ehemannes sei ebenfalls nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Der Chefredakteur der Zeitung kann keine Verletzung des Pressekodex erkennen. Die Zitate bezüglich der Suizid-Absichten der Frau und der außerehelichen Beziehungen des Angeklagten seien der Aussage des Beschuldigten in öffentlicher Verhandlung entnommen worden. Die außerehelichen Beziehungen des Angeklagten seien vom Gericht bei der Strafzumessung berücksichtigt worden und daher von öffentlichem Interesse. Die Zeitung habe umfangreich berichten dürfen, weil der Angeklagte eine Person des öffentlichen Lebens gewesen sei. Weder die Ehefrau noch die Kinder seien unnötig in die Öffentlichkeit gezogen worden. Man hätte ihre Initialen verwendet, bei den Kindern nicht die Vornamen genannt. (2007)