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Minderjähriger Sohn ist identifizierbar

Online-Redaktion interviewt Schüler nach der Bluttat in Winnenden

Die Online-Ausgabe eines illustrierten Magazins berichtet unter der Überschrift „Winnenden trauert: ´Ich will einfach nur schreien´“ über die Beerdigung eines der Opfer des Amoklaufs in der baden-württembergischen Kleinstadt. Zwei Schüler berichten, wie sie die Bluttat erlebt haben. „Thilo Sehne (18) und Felix Fuchs (18) sehen in dieser Hoffnung den einzigen Sinn in der ´Wahnsinnstat´, die über die Stadt ein ´Leichentuch´ ausgebreitet und Winnenden zu ´einer einzigen großen Trauergemeinde´ gemacht habe“. Über den jüngeren Bruder von Felix heißt es: „Sein jüngerer Bruder Jan (Anm.: Name von der Redaktion geändert) war in der Klasse 10d, als Tim K. in schwarzem Kampfanzug hineinstürmte, zwei Mädchen erschoss, hinausging, innerhalb von Sekunden wieder hinein kam und fünf weitere Kinder mit seiner 9mm-Beretta hinrichtete. Der Bruder musste alles mit ansehen, auch, dass drei Schüler aus dem dritten Stock der Albertville-Realschule hinaus in die Tiefe sprangen, sich dabei mehrere Knochen brachen“. Im Vorspann des Beitrags heißt es außerdem: „Jan war dabei, als seine Mitschülerin von Tim K. getötet wurde, musste mit ansehen, wie er ihr eine Kugel in den Kopf jagte. Jan ist nicht danach, zu schweigen: ´Ich will einfach nur schreien´“. Beschwerdeführerin ist die Mutter des 18-jährigen Felix und seines Bruders. Die beiden hätten nur einen Bruchteil dessen gesagt, was die Redaktion geschrieben habe. Sie hält die Passage mit den Schilderungen der Tat für unangemessen sensationell. Telefonisch sei dem Reporter ausdrücklich untersagt worden, den jüngeren Sohn zu interviewen oder im Text zu erwähnen. Die Überlebenden der Klasse 10d hätten beschlossen, nicht mit den Medien zu reden. Ihr Sohn – so die Mutter – werde für eine reißerische Darstellung missbraucht. Durch die volle Nennung des Namens des älteren Sohnes sei leicht auf die Identität des Jüngeren zu schließen. Die Rechtsvertretung des Verlags hält die Darstellung für weder reißerisch noch unwahr. Nach Rücksprache mit der Redaktion seien die Vorwürfe nicht nachvollziehbar. Der ältere Sohn sei volljährig. Er habe sich im Gespräch mit dem Redakteur offen mitgeteilt. Weder er noch seine Mutter hätten um eine Namensänderung gebeten. Das gelte auch für den jüngeren Sohn, doch habe die Redaktion dessen Namen von sich aus geändert. Als die Redaktion von der Beschwerde beim Presserat erfahren habe, sei auch der Name des älteren Sohns verändert worden. Dies sei geschehen, ohne die Beschwerde als begründet anzusehen. (2009)