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Leserbriefe nur ohne volle Adressenangabe

Lange geübte Praxis einer Zeitung widerspricht dem Pressekodex

Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Drastische Strafen“ einen Leserbrief. Darin geht es um die Verhältnisse in einem Randbezirk, die den Einsender zu der Äußerung veranlassen, dass der Stadtteil zur Müllhalde verkomme. Der Beitrag ist mit dem vollen Namen des Leserbriefschreibers gezeichnet. Die komplette Adresse wird genannt. Der Einsender und eine weitere Beschwerdeführerin kritisieren, dass die Zeitung die Adresse veröffentlicht hat. Folge sei gewesen, dass das Haus der beiden Ziel von Übergriffen geworden sei. Es sei auch beschädigt worden. Die Redaktion teilt mit, sie habe mit dem Einsender in mehreren ausführlichen Gesprächen die Haltung der Zeitung im Umgang mit Leserbriefen erörtert. Bei über 2000 Leserbrief-Veröffentlichungen im Jahr sei die Wohnadresse vor allem bei lokalen Themen eine relevante Information. Dass die Autoren bei umstrittenen Themen für mögliche Attacken stets mit ganzem Namen und voller Adresse gerade stehen müssten, wirke dabei mäßigend. Der in Richtlinie 2.6, Absatz 3, des Pressekodex empfohlene Verzicht auf die Veröffentlichung von Adressenangaben bei Leserbriefen sei für überregionale Medien nachvollziehbar. Bei einer Lokalzeitung so zu verfahren, hält die Redaktion für einen Fehler. Der Rubrikenkopf ihres Leserbriefteils enthalte den Hinweis: „Leserzuschriften geben die Ansicht des Einsenders wieder, sie werden mit Namen und Adresse des Absenders veröffentlicht.“ (2008)