Drach legt auf Resozialisierung keinen Wert
Boulevardzeitung berichtet über Freilassung des Reemtsma-Entführers
Der Mann, der Jan Philipp Reemtsma entführte, heißt Thomas Drach. Nachdem er 15 Jahre im Gefängnis gesessen hat, wird er freigelassen. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Wie gefährlich ist der Reemtsma-Entführer heute noch?“ Sie nennt den Entführer mit vollem Namen. Zum Beitrag sind mehrere Fotos gestellt, die Drach bei seiner Festnahme in Argentinien und nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis zeigen. Außerdem veröffentlicht die Zeitung ein Foto, mit dem seinerzeit nach dem Entführer gefahndet worden war. Die Zeitung berichtet, Ermittler hielten Drach auch heute noch für „brandgefährlich“. Sie zitiert ein Gutachten, das vor zwei Jahren erstellt worden war. Wörtlich heißt es darin über Drach: „Es ist davon auszugehen, dass er in Freiheit weitere schwere Straftaten begehen wird“. Ein Nutzer des Internet-Portals sieht durch die Berichterstattung die Persönlichkeitsrechte von Thomas Drach verletzt. Die Tat liege 15 Jahre zurück, und Drach habe seine Strafe abgesessen. Seine Resozialisierung werde durch die Art der Darstellung gefährdet. Die Redaktion hat vor der Veröffentlichung des Beitrages sorgfältig zwischen dem Resozialisierungsinteresse von Thomas Drach und der grundrechtlich geschützten Freiheit der Berichterstattung abgewogen. Diese Abwägung sei zugunsten des öffentlichen Informationsinteresses ausgefallen. Damit beginnt die Stellungnahme der Rechtsvertretung der Zeitung. Drach sei einer der bekanntesten Straftäter der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahrzehnten. Durch die Tat selbst und weitere Straftaten während der Haft sei der Mann zu einer Person des öffentlichen Interesses geworden. Das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit habe die Redaktion veranlasst, über Drach in Wort und Bild identifizierbar zu berichten. Dies gelte umso mehr, als bis heute der Verbleib eines großen Teils des seinerzeit erpressten Lösegeldes unklar sei. Entscheidend für die Art der Berichterstattung sei schließlich gewesen, dass Thomas Drach offensichtlich selbst gar keinen Wert auf eine Resozialisierung lege. So habe er sich nach seiner Entlassung über seinen Anwalt an diverse Verlagshäuser mit dem Angebot gewandt, Exklusivinterviews zu geben. Dies mache deutlich, dass es ihm nichts ausmache, mit seiner Tat auch heute noch konfrontiert zu werden. Er sei im Gegenteil bereit, öffentlich zu seiner Vergangenheit Stellung zu beziehen.