Verabredungen zum Suizid im Internet
Betroffene Mutter will mit Hilfe der Presse Eltern warnen
Ein Nachrichtenmagazin berichtet über den Tod dreier junger Mädchen, die sich im Internet zum gemeinsamen Suizid verabredet hatten. Sie brachten sich in einem Zelt im Wald mit Kohlenmonoxid um. Das Magazin berichtet, dass es im Internet unzählige deutschsprachige Seiten gebe, mit deren Hilfe sich Lebensüberdrüssige mit Gleichgesinnten verbinden könnten, um sich gegenseitig in der Absicht zu bestärken, aus dem Leben zu scheiden. Auch würden im Netz die geeigneten Methoden diskutiert. Im weiteren Verlauf des Artikels heißt es, dass die hinterbliebenen Familien keine Antwort auf die Frage fänden, warum man nicht bemerkt habe, dass die Jugendlichen suizidgefährdet seien. Die Redaktion erläutert, dass die Bereitschaft einer der Mütter, über den Selbstmord ihrer Tochter zu sprechen, Anlass gewesen sei, über das tragische Ereignis zu berichten. Die Mutter würde am liebsten alle Eltern warnen: „Passt um Himmels willen auf, wo sich eure Kinder im Internet herumtreiben“. Eine Mutter berichtet, wie sie in den letzten Monaten versucht habe zu rekonstruieren, was ihre Tochter im Internet gemacht habe. So sei sie auf die Plattform „suizid-area“ gestoßen in der Jugendliche den Tod schon mal als Erlösung verherrlichen. Unter Stichworten wie „Pulsadern“, „Waffen“, „Springen“, „Strick“ oder „Zug“ würden die Vor- und Nachteile bestimmter Todesarten diskutiert. In diesem Forum sei sie – die Mutter – auf Einträge ihrer Tochter gestoßen und auf die ungerührte Antwort eines Users, wonach man eine tödliche Kohlenmonoxid-Vergiftung auch mit Einweggrills hinbekommen könne. Ein Leser des Nachrichtenmagazins kritisiert die volle Nennung der Vornamen von zwei Beteiligten sowie die abgekürzte Nennung des jeweiligen Familiennamens. Die Suizidmethode werde sehr detailliert beschrieben. Die Nennung des Suizid-Forums sei ein Verstoß gegen Ziffer 11 (Sensationsberichterstattung/Jugendschutz). Zwar könne man sich dort nicht mehr anmelden, doch gerade der Bereich der Methodendiskussion sei öffentlich, was wiederum für psychisch labile Heranwachsende eine immense Gefährdung darstelle. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte nach Ziffer 8 des Pressekodex sieht der Beschwerdeführer darin, dass die Intimsphäre der Betroffenen völlig missachtet werde, da aus Tagebüchern berichtet werde. Laut dem Justitiariat des Magazins habe die Redaktion versucht, die Lebensgeschichte der Mädchen nachzuvollziehen, um sich einer Erklärung für die Tat zu nähern. Die Berichterstattung sei auf den ausdrücklichen Wunsch einer der Mütter zurückzuführen. Sie habe – wie auch der Vater eines der anderen Mädchen – mit dem Autor gesprochen und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Besonders sei es darum gegangen, die „suizid-area“ zu outen, da die Mädchen dort ihre verhängnisvollen Kontakte gefunden hätten. Nach der Berichterstattung sei diese Seite gesperrt worden. Das Foto eines der Mädchen sei von dessen Mutter ausgesucht und zur Veröffentlichung freigegeben worden. Ein anderes Foto stamme von Facebook und sei verfremdet worden, da die Eltern keine identifizierbare Berichterstattung wünschten. Die Persönlichkeitsrechte der Familienangehörigen habe man durch die Abkürzung des Familiennamens geschützt. (2011)