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Einverständnis der Eltern ist entscheidend

Zeitung berichtet mit persönlichen Daten über einen toten Studenten

Ein deutscher Student, Praktikant bei einer Bank, wird tot in seiner Londoner Wohnung aufgefunden. Die Onlineausgabe einer Boulevardzeitung nennt den jungen Mann „Moritz E. (21)“. Ein aus Facebook stammendes Foto illustriert den Beitrag. Dieser enthält Angaben zur Person und nennt Schulausbildung, Studienort und Universität. Die Zeitung berichtet, dass im Internet heftig über die Gründe seines Todes spekuliert werde. Dabei werde auch die Frage gestellt, ob sich der junge Mann totgearbeitet habe. Ein Nutzer der Internetausgabe sieht die Persönlichkeitsrechte des Studenten durch die detaillierten Angaben zur Person verletzt. Die Todesursache sei unklar. Der Fall sei nicht von so hohem öffentlichem Interesse, dass eine identifizierende Berichterstattung gerechtfertigt wäre. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht im Gegensatz zum Beschwerdeführer durchaus ein hohes öffentliches Interesse. Bei dem Toten handele es sich um einen Elite-Studenten, der einen außergewöhnlichen Lebenslauf gehabt habe. Er sei sehr ehrgeizig gewesen. Ein Praktikum bei der weltweit agierenden Bank habe ein hohes Ansehen und sei nur sehr schwer zu erhalten. Viele ehrgeizige junge Menschen stellten sich genau diese Ziele, die Moritz E. erreicht habe. Diese jungen Menschen und ihre Familien könne man durch die Berichterstattung vor den möglichen Folgen warnen. Selbst wenn die konkrete Todesursache nicht auf die völlige Erschöpfung nach drei durchgearbeiteten Tagen und Nächten zurückzuführen wäre, so handele es sich doch um ein Gesellschaftsproblem, das für die Öffentlichkeit von hohem Interesse sei. Die personenbezogenen Daten, so die Rechtsvertretung weiter, stammten aus einem sozialen Netzwerk, das allgemein zugänglich sei. In diesem Netzwerk („Seelio“) gehe es den Nutzern um die Vermarktung der eigenen Person und eigener Arbeiten. Die Angaben in „Seelio“ seien also bewusst nicht für private Kontakte gedacht, sondern vor allem für potentielle Arbeitgeber und sonstige Interessierte. Entscheidend für die presseethische Zulässigkeit der veröffentlichten Daten sei, dass der Vater von Moritz E. sich gegenüber der Zeitung über den tragischen Tod seines Sohnes geäußert habe. Er habe somit die Berichterstattung in Wort und Bild nicht nur gebilligt, sondern aus eigenem Antrieb die Diskussion noch intensiviert.