SMS der Richterin veröffentlicht
Zeitung: „Unsere Informationen wurden auf legalem Wege besorgt"
Unter dem Titel „Sie suchen die vermisste Richterin mit Leichen-Hunden" berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über die Richterin Kerstin Heisig, die sich im Juni 2010 das Leben nahm. Die Zeitung veröffentlicht den Inhalt der SMS, die Frau Heisig zuletzt an eine ihrer Töchter geschrieben hat. In der Mitteilung schreibt sie, „alles falsch zu machen". Und: „Das ist alles zu viel für mich.“ Der Beschwerdeführer – ein Nutzer der Online-Ausgabe – vertritt die Auffassung, dass mit der SMS-Veröffentlichung die Persönlichkeitsrechte der Richterin verletzt worden seien. Er wirft der Redaktion vor, unseriösen Journalismus zu betreiben. Die Rechtsvertretung der Zeitung antwortet. Eine Verletzung der Menschenwürde aufgrund der Veröffentlichung der SMS sei angesichts des genauen Wortlauts offensichtlich abwegig. In dem Beitrag selbst werde lediglich das letzte Lebenszeichen der Verstorbenen sachlich und sehr neutral wiedergegeben. Die Informationen zum Verschwinden der Richterin seien – so die Rechtsabteilung – auf legalem Wege besorgt werden. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Redaktion betreibe unseriösen Journalismus, sei mit dem verantwortungsbewussten Vorgehen und der Arbeitsweise der Redakteure nicht vereinbar. Die Textmitteilung sei weder vertraulichen Ermittlungsakten entnommen worden, noch auf andere unlautere Weise beschafft worden. Die Information sei vielmehr aus einer Quelle gekommen, deren Identität aufgrund des verfassungsrechtlich garantierten Informantenschutzes nicht preisgegeben werden dürfe. Die SMS entstamme zwar unmittelbar der Privatsphäre von Frau Heisig; die Wiedergabe sei jedoch aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses presseethisch zulässig. Der SMS-Inhalt sei geeignet gewesen, umlaufende Gerüchte über ein Kapitalverbrechen zu entkräften. (2010)