„Kollateralschäden spürbar gemacht“
Zeitung zeigt Opfer des abgestürzten MH17-Flugzeuges
„Ist Putin schuld an diesen Toten?“ titelt eine Boulevardzeitung. Sie zeigt Porträtfotos von mehreren Opfern des Absturzes von MH17 über der Ukraine. In der Bildunterschrift stehen teilweise deren komplette Namen, Alter, Beruf, Wohnort und Herkunftsland. Ein Leser kritisiert, dass die Zeitung Russlands Präsidenten Putin so darstelle, als ob dieser an der Katastrophe von MH17 schuld wäre. Ein anderer Beschwerdeführer sieht in der Veröffentlichung der Opferfotos einen Verstoß gegen den Pressekodex (Ziffer 8, Richtlinie 8.2, Schutz der Persönlichkeit, Opferschutz). Die Identität der Opfer sei für das Verständnis des Unglückshergangs unerheblich. Es sei davon auszugehen, dass eine Einwilligung der Angehörigen in die Veröffentlichung der Fotos nicht vorgelegen habe. In vielen Fällen stammten die veröffentlichten Fotos offensichtlich von Facebook-Profilen der Opfer. Neben Persönlichkeitsrechten seien vermutlich auch Urheberrechte verletzt worden. Der Beschwerdeführer verweist auf ein Positivbeispiel: Eine große Regionalzeitung habe nur Fotos verwendet, die Angehörige zuvor selbst veröffentlicht bzw. der Presse zur Verfügung gestellt hätten. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe sich bewusst für die Veröffentlichung entschieden, um so die schreckliche Realität und die „Kollateralschäden“ der heftigen Kämpfe zwischen der Ukraine und russischen Separatisten im Südosten des Landes „spürbar“ zu machen. Auf Grund ihres Informationsauftrages habe die Presse eine vollumfängliche Chronistenpflicht. Auf diese beruft sich die Zeitung und rechtfertigt so die Art der Berichterstattung. Zur Veröffentlichung der Fotos erklärt die Rechtsvertretung, es handele sich um Bilder, die weltweit in der Presse gezeigt worden seien. Vollständige Bildergalerien aller 298 Opfer seien im Internet nach wie vor abrufbar. Die Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass die herausragende Bedeutung des zeitgeschichtlichen Ereignisses von größtem öffentlichem Interesse sei, das die schutzwürdigen Belange der Abgebildeten und ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen überwiege. Abschließend stellt die Rechtsvertretung fest, die Berichterstattung sei nicht unangemessen sensationell, sondern reine Information.