Angeklagte identifizierbar dargestellt
Großes öffentliches Interesses kein Grund für ungepixelte Fotos
Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder von Dominik Brunner. Sie hatten den Mann, der sich schützend vor eine Gruppe von Kindern gestellt hatte, auf einem S-Bahnsteig in München-Solln totgeschlagen. Der Beitrag ist illustriert mit zwei ungepixelten Fotos der 18- und 19-jährigen Angeklagten. Der Beschwerdeführer – Nutzer des Internetauftritts – sieht durch den ungepixelten Abdruck der Bilder die Persönlichkeitsrechte der Angeklagten verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlags beruft sich auf besondere Umstände nach Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex. Der Fall Dominik Brunner habe in besonderer Weise das Interesse der Öffentlichkeit erlangt. Hier sei eine Person zum Opfer geworden, die offenbar die Absicht hatte, anderen, die bedroht gewesen seien, zu helfen. Brunners Tod sei daher besonders tragisch und – verglichen mit der Motivation der Täter – besonders sinnlos gewesen. Artikel und Fotos seien am fünften Prozesstag veröffentlicht worden. Schon am ersten Tag hätten die mutmaßlichen Mörder ein Geständnis abgelegt. Das habe sie zu relativen Personen der Zeitgeschichte gemacht mit der Folge, dass identifizierend über sie berichtet werden durfte. Bei diesem letzten Argument bezieht sich die Rechtsvertretung auf frühere Presseratsentscheidungen. (2010)