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Täter von München als „Mörder" bezeichnet

Kodex: Die Presse ist nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Prozessauftakt gegen die mutmaßlichen Mörder von Dominik Brunner, der an einer Münchner S-Bahn-Station von zwei Jugendlichen zu Tode geprügelt worden war. In der Überschrift und im Text ist von „Mördern" die Rede. Der Beschwerdeführer – ein Nutzer des Internetportals – hält die Bezeichnung „Mörder“ für eine Vorverurteilung nach Ziffer 13 des Pressekodex. Dem widerspricht die Rechtsabteilung der Zeitung. Der Pressekodex sei nicht verletzt worden; die Berichterstattung sei frei von Vorurteilen. Nach Richtlinie 13.1 dürfe die Presse eine Person als Täter bezeichnen, wenn diese die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat. Dominik Brunner sei von den Tätern auf dem S-Bahnsteig in München-Solln zusammengeschlagen und tödlich verletzt worden. Außerdem sei die Presse nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden, die für den Leser unerheblich seien. Das Landgericht München werde zwar erst demnächst entscheiden, ob es sich bei der Tat zumindest in einem Fall um Mord oder nicht doch um Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge gehandelt habe. Für den Durchschnittsleser, der juristischer Laie sei, gehe es jedoch darum, dass ein Mensch getötet worden sei, gleich auf welche Art und Weise. Der Leser sei mit den Begriffen des Mordes und des Totschlags im juristischen Sinne nicht vertraut. Die Masse der Bevölkerung bringe den Begriff des Mörders mit dem bewusst herbeigeführten oder in Kauf genommenen Tod einer Person in Verbindung. Die Berichterstattung erfolge insgesamt nach den anerkannten Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung. Der Autor habe die vollen Namen der Täter nicht genannt und auch sonst auf eine identifizierbare Berichterstattung verzichtet. (2010)