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Namen hätten geschwärzt werden müssen

Zeitung veröffentlicht vertraulichen Bericht ohne Anonymisierung

Eine Regionalzeitung befasst sich in ihrer Online-Ausgabe mit einem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt. Darin geht es um Ungereimtheiten bei der Errichtung eines Konferenzzentrums (WCCB), das die Stadt bei einem Unternehmen in Auftrag gegeben hatte. Die Zeitung veröffentlicht online eine Kopie des Berichts. Darin werden Namen von Mitarbeitern der Stadtverwaltung Bonn genannt und Auszüge aus E-Mails wiedergegeben, die im Zusammenhang mit dem WCCB-Projekt verfasst worden waren. Ein Nutzer der Online-Ausgabe kritisiert einen Verstoß gegen den Datenschutz wegen der Wiedergabe von personenbezogenen Angaben. An deren Veröffentlichung bestehe kein öffentliches Interesse. Der Verlag stellt fest, dass das WCCB-Projekt, das zu 80 Prozent fertig ist, nicht weitergebaut wird, weil sich sowohl der Investor als auch der Generalunternehmer in Insolvenz befänden. Mehrere Personen seien einige Wochen lang in Untersuchungshaft gewesen. Gegen maßgebliche, in das Projekt involvierte Mitarbeiter, darunter auch die frühere Oberbürgermeisterin und der städtische WCCB-Projektleiter, werde offiziell wegen des Verdachts der Untreue in einem besonders schweren Fall ermittelt. Der fragliche Bericht des Rechnungsprüfungsamtes sei vom Oberbürgermeister an die 80 Stadtverordneten übergeben worden. Die Übergabe sei mit der Bitte um Vertraulichkeit verbunden gewesen. Der Verlag habe den auch ihm vorliegenden Bericht nach reiflicher Überlegung und nach Absprache mit Rechtsberatern komplett ins Netz gestellt. Die Zeitung wende sich mit der Veröffentlichung des vollständigen Berichts gegen das Vorhaben des Bonner Oberbürgermeisters, der Öffentlichkeit nur eine abgespeckte Version zugänglich zu machen. Der Verlag hält es für unzulässig, den Bericht zu verändern. Die Öffentlichkeit habe einen Anspruch auf den vollständigen Bericht. Die Zeitung teilt mit, dass die Namen der Beteiligten schon vor der Veröffentlichung allseits bekannt gewesen seien. Daher greife Richtlinie 8.1 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte/Nennung von Namen) nicht. Auch Richtlinie 13.1 des Pressekodex sei nicht verletzt. Die Veröffentlichung habe keinen Medienpranger bewirkt. (2010)