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Die Amoklauf-Opfer im Bild vorgestellt

Verlag beruft sich zu Unrecht auf die Praxis in den norwegischen Medien

„Sie wurden Opfer der Killer-Bestie“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung eine Fotostrecke. Mehrere Menschen werden gezeigt, die im Juli 2011 Opfer des Amoklaufes in Norwegen geworden waren. Einige werden ausführlich mit Vor- und Nachnamen, ihrem Alter und Informationen aus ihrem Leben vorgestellt. Ein Nutzer des Internetauftritts erkennt einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) und hier vor allem Richtlinie 8,1 (Nennung von Namen/Abbildungen). Die Rechtsabteilung des Verlages beruft sich auf ein sehr hohes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem Geschehen. Die Zeitung habe Bilder und Informationen veröffentlicht, die vorher schon in den norwegischen Medien erschienen seien. Dabei seien weder die Interessen der Opfer noch ihrer Angehörigen verletzt worden. Die Redaktion habe gewissenhaft die Persönlichkeitsrechte und Interessen der betroffenen Familien bedacht. Es gebe besondere Begleitumstände für die Veröffentlichung der Fotos. Der Amoklauf von Norwegen mit 77 Toten sei eines der schwersten Verbrechen, das seit langem in Europa begangen worden sei. Das überragende öffentliche Interesse erstrecke sich nicht allein auf den Tathergang, sondern auch auf die Identität der Opfer. Auch die vollständige Namensnennung verstoße nicht gegen die Persönlichkeitsrechte der Opfer, da der Amoklauf eben kein Regelfall im Sinne der Richtlinie 8.1 gewesen sei. (2011)