Fehler: Statt Hannah K. wurde Hannah W. gezeigt
Redaktionen hätten das Foto eines Opfers nicht abdrucken dürfen
Ein Tötungsdelikt ist gedruckt und online Thema in einer Boulevardzeitung. Es geht darum, dass ein Mann eine Mitbewohnerin getötet habe und dann aus dem Fenster gesprungen sei. Bei dem Opfer handele es sich – so die Zeitung – um eine freie Künstlerin, die Textil- und Flächendesign studiert habe. Der Bericht enthält das unverfremdete Porträtfoto einer jungen Frau, deren Bild ihrem Blog entstammt. Dieser enthält die Angaben, die die Zeitung wiedergibt. Drei Tage später muss die Redaktion einräumen, dass ihr eine Fotoverwechslung unterlaufen ist. Statt der getöteten Hannah K. habe die Redaktion eine Hannah W. gezeigt. Ein Leser der Zeitung ist der Ansicht, der Bericht verletze die Menschenwürde des Opfers und der tatsächlich gezeigten Person. Er sieht die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 8 (Persönlichkeitsrechte) des Pressekodex verletzt. Zur Erlangung des Fotos und der biographischen Angaben seien unlautere Recherchemethoden eingesetzt worden. Die Veröffentlichung des Fotos verletze die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten. Die Darstellung der Vorgänge verstoße zudem gegen das Verbot von Sensationsberichterstattung. Schließlich habe die Redaktion gegen die Pflicht zur Richtigstellung verstoßen. Diese hätte auf der Titelseite in gleicher Größe wie die ursprüngliche Berichterstattung erfolgen müssen. Die Rechtsvertretung der Zeitung bezeichnet die Fotoverwechslung als schwerwiegenden Fehler, der trotz des hohen Drucks der tagesaktuellen Produktion nicht hätte passieren dürfen. Die Redaktionen in Print und Online hätten alles getan, um den Fehler so schnell wie möglich und in angemessenem Umfang richtigzustellen. Die Redaktionen hätten sich bei den Lesern und bei der Betroffenen entschuldigt. Der Verlag habe gegenüber der fälschlicherweise im Bild gezeigten Frau eine Unterlassungserklärung abgegeben. Auch wenn der bedauerliche Fehler der Redaktionen nicht rückgängig zu machen sei, hätten diese doch alles in ihrer Macht Stehende getan, um zumindest die Folgen der Berichterstattung für die Betroffene abzumildern. Die Print- und die Online-Redaktion bitten den Presserat, von einer Sanktion abzusehen. Insbesondere eine Rüge würde das Ziel der Redaktionen konterkarieren, der betroffenen Frau wieder ein unbeschwertes Leben und ein schnelles Vergessen des Fehlers zu ermöglichen.