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Vorwurf: „Furchtbare Fehler" gemacht

Die Ereignisse von Kunduz im Spiegel kritischer Bewertung

Eine überregionale Zeitung bewertet in zwei Artikeln – gedruckt und online – die Entscheidung des deutschen Bundeswehr-Obersten Georg Klein, in Afghanistan bei Kunduz zwei Tanklastzüge von der US-Luftwaffe bombardieren zu lassen. Im Artikel unter der Überschrift „Wie viel kostet ein toter Afghane?" wird die folgende Bewertung abgegeben: „Der unselige Befehl des Oberst Klein, der zum Tod von fast 150 Männern, Frauen und Kindern, wohl überwiegend Zivilisten, geführt hat, war unverhältnismäßig, rechtswidrig und schuldhaft. Eine Klage der Hinterbliebenen vor deutschen Gerichten hätte Aussicht auf Erfolg." Einem Kommentar zu den Ereignissen von Kunduz gibt die Zeitung die Überschrift „Mörderisch, aber nicht im Rechtssinn". Außerdem wird beschrieben, dass das Völkerstrafrecht die Täter großzügiger als das akribische nationale Strafrecht behandelt. Dessen Anwendung sei neben dem Völkerstrafrecht nicht ausgeschlossen, weil Totschläger, die im völkerrechtlichen Gesamtzusammenhang gehandelt haben, nicht straffrei ausgehen sollen. Das nationale Recht sei aber sehr tatfern und greife deshalb schwer. Als Fazit wird die Überschrift wiederholt. Es wird behauptet, der Oberst habe schwere Fehler gemacht, aber kein Kriegsverbrechen begangen. Oberst Klein – vertreten durch seine Rechtsanwälte - ist der Auffassung, die Berichterstattung verstoße gehen die Ziffern 2, 9 und 13 des Pressekodex. Er sieht sich in seiner persönlichen Ehre verletzt, weil die Zeitung ihn in ungerechtfertigter und tatsachenwidriger Weise eines rechtswidrigen, gar kriminellen Verhaltens bezichtigt habe. Im Hinblick auf den zweiten Beitrag berücksichtigen die Rechtsanwälte zwar, dass es sich hier um einen Kommentar gehandelt habe, doch sehen sie auch in diesem Fall mehrere Ziffern des Pressekodex verletzt. Der Beschwerdeführer werde beiläufig indirekt als „Täter" bezeichnet. Juristische Zusammenhänge seien unrichtig dargestellt bzw. mangelhaft recherchiert worden. Schließlich behaupte der Autor ohne Erläuterung und Beleg, Oberst Klein habe „furchtbare Fehler" gemacht. Der Autor der kritisierten Beiträge nimmt Stellung. Der Beschwerdeführer habe den Luftschlag von Kunduz angeordnet und dabei mehrere Einsatzregeln gebrochen. Er beruft sich auf mehrere Quellen, wie die NATO, die Einschätzung von Amnesty International und die Recherchen zweier Journalisten vor Ort. Der Autor bemängelt, dass der Beschwerdeführer den journalistischen Charakter der beiden Artikel verkenne. Es handele sich um Meinungsäußerungen, nämlich jeweils um Kommentar und Analyse. Sinn eines Kommentars sei es, zu werten und zu bewerten. Dies sei in beiden Fällen geschehen. (2009)