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Neunzehn Fotos zeigen brennenden Mann

Beschwerdeführer: Primitive Ausschlachtung menschlichen Leids

Ein junger Mann zündet sich selbst an, um seinem Protest gegen die Politik Chinas in seiner tibetischen Heimat Ausdruck zu geben. Eine Zeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe unter der Überschrift „Tibeter zündet sich selbst an“ über das Ereignis und zeigt den lichterloh Brennenden im Bild. Der Text dazu lautet: „Versuchte Selbstverbrennung: Ein Tibeter hat sich mit einer Flüssigkeit übergossen und dann selbst angezündet.“ Ein weiteres Foto zeigt den Mann von hinten. Bildtext: „50 Meter rannte der Mann bei einer Protestaktion über die Straße.“ Ein Leser der Zeitung moniert, dass Kinder und Jugendliche Zugriff auf diese Berichterstattung hätten. Die Online-Redaktion habe nicht nur die beiden Fotos veröffentlicht, sondern eine Strecke von 19 Bildern, die den kompletten Lauf dieses brennenden Menschen dokumentieren. Die Fotos zeigten schwerste Verbrennungen. Die Haut löse sich in Fetzen, das rohe Fleisch werde sichtbar. Allein aus Jugendschutzgründen dürfte es mehr als fragwürdig sein, derartige Bilder zu zeigen. Der Beschwerdeführer spricht von einer primitiven Ausschlachtung menschlichen Leids. Die Rechtsabteilung der Zeitung sieht es als eine der wichtigsten Aufgaben der Presse an, auf Missstände in sozialen, politischen und gesellschaftlich-ökonomischen Systemen hinzuweisen. Mit der Veröffentlichung habe die Zeitung nichts anderes getan, als ihrer Rolle als Informationsvermittler gerecht zu werden. Es sei unmöglich, über ein solches Ereignis zu berichten, ohne beim Leser einen gewissen Schockeffekt zu erzielen. Die meisten Fotos seien im Übrigen nicht auf der Titelseite, sondern erst nach diversen Klicks verfügbar gewesen. Gedruckt seien sie nicht veröffentlicht worden.