Brennender Mensch als „Hingucker“
Redaktion: Nicht zynisch, sondern gedankenlos gehandelt
Eine Zeitung veröffentlicht in ihrer Online-Ausgabe unter der Rubrik „Der Hingucker – das besondere Bild“ das Foto eines brennenden Nepalesen. Die Bildunterschrift lautet: „Flammender Protest gegen die chinesische Tibet-Politik und Supermann mit Ötzi Aug´ in Aug´ - diese und andere schöne Aussichten finden Sie in unserer Bildergalerie mit Fotos aus aller Welt. Gern veröffentlichen wir auch Ihre Aufnahmen…“. Ein Leser sieht die Ziffern 1 und 11 des Pressekodex (Menschenwürde und Sensationsberichterstattung) verletzt. Die Verbindung von Bild und Wort sei in diesem Fall menschenverachtend. Unter den Stichworten „Hingucker“ und „schöne Aussichten“ werde ein in der Selbstverbrennung leidender, vermutlich im Todeskampf stehender Mensch gezeigt. Die ästhetische Faszination, die das Feuerbild ausüben könne, wiege den Zynismus der Kombination nicht auf. In der beim Anklicken des Bildes sich öffnenden Bildergalerie werde diese Darstellung zudem in den Zusammenhang mit trivialen Schnappschüssen gestellt. Auch der Aufruf an die Leser, selbst Aufnahmen zur Veröffentlichung einzureichen, wirke zynisch. Der Redaktionsleiter Online antwortet. Er gibt dem Beschwerdeführer Recht. Das Foto mit dem brennenden Mann aus Nepal gehöre nicht in diese Bildergalerie. Die Redaktion entschuldige sich und könne lediglich geltend machen, dass man nicht zynisch, sondern gedankenlos gehandelt habe.