Opfer nicht beim Sterben gezeigt
Junge Frau erlag erst im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen
Eine Boulevardzeitung veröffentlicht Beiträge mit den Überschriften „Hier kämpft ein Sanitäter um ein Menschenleben“ (Print) und „Der Täter lauerte ihr im Tunnel auf“ (Online). Im Beitrag geht es um einen Mord, den ein Mann an einer jungen Frau verübt hat. Zum Beitrag gehören mehrere Fotos. Auf einem ist zu sehen, wie Einsatzkräfte die verfremdet dargestellte Frau zu retten versuchen. Auch die Tatwaffe – ein Messer – wird gezeigt. Auf einem dritten Foto ist der ebenfalls verletzte mutmaßliche Täter zu sehen. Auch sein Gesicht ist gepixelt. Er liegt auf einer Trage. Auch hier sieht man ein Notfallteam, das sich um den Mann kümmert. In der Online-Version sind noch mehrere zusätzliche Fotos platziert, die weitere Rettungsszenen zeigen. Ein Leser bzw. Nutzer des Angebotes der Zeitung erkennt einen Verstoß gegen die Menschenwürde sowie eine unangemessen sensationelle Darstellung. Durch die Fotos werde der Eindruck erweckt, dass der Leser dem Sterben eines Menschen gleichsam beiwohnen könne. Die Online-Version habe zwar eine andere Überschrift, erscheine ihm aber ebenso unangemessen sensationell. Die Rechtsvertretung der Zeitung stellt fest, dass die schwer verletzte junge Frau auf keinem der Fotos in einer ihre Würde antastenden Situation gezeigt werde. So sei nicht nur das Gesicht, sondern der ganze Oberkörper gepixelt worden. Der Schwerpunkt der Berichterstattung liege auf den Rettungsbemühungen der Sanitäter. Die bildliche Darstellung degradiere die Frau nicht zu einem Objekt, sondern diene dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, unter deren Augen sich das Geschehen abgespielt habe. Falsch sei der Vorwurf, dass der Leser dem Sterben beiwohnen könne. Die junge Frau sei erst im Krankenhaus gestorben. Wichtig sei auch, dass die Familie des Opfers die Berichterstattung in der gewählten Form ausdrücklich begrüßt habe. Die Angehörigen hätten der Redaktion am Tag nach dem Anschlag weitere Fotos und Informationen für eine Folgeberichterstattung zur Verfügung gestellt.